Schlammschlacht vor US-Vorwahl

Heftiger Streit bei den Republikanern: Konkurrenten von Mitt Romney versuchen mit allen Mitteln, den Siegeszug des Favoriten für die Präsidentschaftkandidatur zu stoppen. Die anderen Bewerber befehden sich auch gegenseitig.

Manchester Es geht heftig zu, draußen wie drinnen. Draußen, vor den backsteinroten Bildungstempeln des altehrwürdigen St. Anselm College von Manchester im US-Staat New Hampshire, kommt es allein auf Lautstärke an. "Romney is the man", skandiert ein kleiner Trupp, angeführt von einem jungen Börsenmakler. Worauf der Freundeskreis von "Occupy Wall Street", eindeutig besser vernehmbar, skandiert: "Romney, Romney, he's no good, what we need is Robin Hood" ("Romney taugt nichts. Wir brauchen Robin Hood").

Drinnen, im blauen Neonlicht der Uni-Arena, schlägt Newt Gingrich, eigentlich ein Freund des Kapitalismus, in die gleiche Kerbe wie die Kapitalismus-Kritiker draußen in der Januarkälte. Er sei ja sehr für das freie Spiel der Marktkräfte, beteuert der ehemalige Speaker, der Parlamentsvorsitzende. Aber Romneys Wall-Street-Modell gefalle ihm nicht, ganz und gar nicht: ein Modell, bei dem man Unternehmen aufkaufe, sie ausdünne und dann schnellstens abstoße – "und die entlassenen Arbeiter zurücklässt". Nein, findet Gingrich, ein so kalter Sanierer habe im Weißen Haus nichts zu suchen.

Es ist die wichtigste Fernsehdebatte vor den Primaries, bei denen New Hampshire am Dienstag entscheidet, wer als Herausforderer Barack Obamas ins Duell ums Oval Office gehen soll. Romney, einst Gründer der Beteiligungsgesellschaft Bain Capital, später Gouverneur von Massachusetts, liegt in den Umfragen weit vorn. Landet er einen Erdrutschsieg, ist das Rennen vielleicht schon gelaufen. In den 48 nachfolgenden Bundesstaaten wäre nur noch ein Pflichtprogramm zu absolvieren.

Deshalb blasen die Konkurrenten zur Schlammschlacht, aggressiv bis verzweifelt im Ton – allen voran Gingrich, der die Segel streichen kann, wenn er in New Hampshire den Anschluss an Romney verliert. Obama würde diesen Herrn nur auslachen, sollte er jemals vor großem Publikum mit ihm diskutieren, spottet er über den Parteifreund. Denn Romneys Gesundheitsreform in Massachusetts gleiche aufs Haar der Reform des Weißen Hauses, jenem Monstrum, das aus Amerika "einen bevormundenden Kindermädchenstaat" mache.

Der Angegriffene revanchiert sich kühl lächelnd mit einer süffisanten Replik, gemünzt auf Gingrichs lange Politikerkarriere. "Leute, die ihr ganzes Leben in Washington verbrachten", sagt Romney, "solche Leute verstehen nicht, was in der Realwirtschaft passiert."

"Leute, die nie gedient haben, haben kein Recht, unsere Kinder in Kriege zu schicken", poltert seinerseits Ron Paul, ein kauzig wirkender Kongressabgeordneter aus Texas. Es ist eine Breitseite gegen Gingrich. Der hatte während des Vietnamkriegs als junger Vater eine Befreiung von der Wehrpflicht erreicht, heute predigt er im Atomkonflikt mit Iran militärische Stärke. Paul dagegen, in den 60er Jahren Arzt bei der Luftwaffe, fordert ein Ende amerikanischer Interventionen in fernen Weltgegenden. "Ich versuche, Kriege zu stoppen. Aber immerhin war ich zur Stelle, als man mich rief." Paul sei ein Lügner, behauptet Gingrich darauf.

Dann ist da noch die Fernsehwerbung, eine wahre Lawine von Fernsehspots, die New Hampshires eher höfliche, zurückhaltende Bürger seit Tagen ertragen müssen. Oft sind es filmische Schläge unter die Gürtellinie. Es geht weniger um die eigene Botschaft, sondern mehr darum, den Rivalen zu demontieren.

So nimmt eine Gruppe lokaler Ron-Paul-Sympathisanten Jon Huntsman aufs Korn, den sachlichsten aller Bewerber, der bis 2011 Botschafter in Peking war und ein chinesisches Mädchen adoptierte. "China-Jon", so suggeriert der Fernsehspot, sei ein undurchschaubarer Erbe Maos.

Internet Mitt Romney – Favorit und Wendehals: www.rp-online.de/politik

(RP)
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