Arzneibudget soll fallen Schlagabtausch um Gesundheitspolitik

Berlin (rpo). Die Gesundheitspolitik hat am Freitag im Bundestag für einen Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition gesorgt. Während Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ihre Gesetzespläne verteidigte und die frühere Kohl-Regierung für aktuelle Probleme verantwortlich machte, warf die Union der Koaliton vor, ein Fiasko angerichtet zu haben.

Trotz wachsender Finanznöte der Krankenkassen will die rot-grüne Regierungskoalition die Arzneibudgets und die Kollektivhaftung der Ärzte dafür zum 1. Januar 2002 abschaffen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) verteidigte während der ersten Beratung im Bundestag ihre umstrittenen Gesetzespläne.

Zugleich wies sie die Verantwortung für die aktuellen Probleme im Gesundheitswesen und den drohenden Beitragsschub zurück. Diese seien eine "Hinterlassenschaft", ein "Erbe" der Kohl-Regierung und des früheren Gesundheitsministers Horst Seehofer (CSU).

Die Union warf dagegen der Koalition vor, ein "Fiasko" angerichtet zu haben. Unter Rot-Grün sei es zum ersten Mal in Deutschland zu einer "Zwei-Klassen-Medizin" gekommen. Patienten würden notwendige Leistungen verweigert. Zugleich drohe eine dramatische Welle von Beitragserhöhungen bei den Krankenkassen. Die Opposition forderte die Regierung auf, den Wählern reinen Wein einzuschenken und noch vor der Bundestagswahl 2002 eine Gesundheitsreform anzugehen.

Schmidt verteidigte die geplante Abschaffung der Arzneibudgets. "Budgets und Kollektivhaftung haben nicht den erhofften Erfolg gebracht", sagte sie. Zudem würden die Ärzte auch künftig nicht aus der Verantwortung entlassen. So gebe es noch Sparreserven in Milliardenhöhe bei Arzneien.

Die Grünen pochen aber noch auf Änderungen, um einen Ausgabenschub bei den Arzneien zu verhindern. Sie verlangen eine Auffangklausel im Gesetz. "Wenn sich Kassen und Ärzte nicht einigen, muss eben wieder das alte Budget gelten", sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Katrin Göring-Eckardt, im "Handelsblatt". Die Kassen haben Schmidt sogar aufgefordert, die Budgets vorerst beizubehalten.

Die Arzneiausgaben waren im ersten Quartal um 9,7 Prozent hochgeschnellt. Die Kassen fürchten ohne Budgets einen Ausgabenschub von 3,5 Milliarden Mark (1,79 Milliarden Euro) bei Arznei- und Heilmitteln, der die ohnehin "prekäre Finanzlage" weiter verschärfen würde. So haben die Kassen bis Ende März ein Defizit von 2,2 Milliarden Mark angehäuft. Ihre Spitzenverbände haben spätestens zum Jahreswechsel eine Welle von Beitragserhöhungen angekündigt.

Nach dem Gesetz sollen die Budgets und die Kollektivhaftung der Ärzte Anfang 2002 fallen. Stattdessen sollen Ärzte und Kassen selbst zusehen, wie sie die Ausgaben in Schach halten. Dazu sollen sie Zielvorgaben und Richtgrößen für die Arztgruppen festlegen. Mit welchen Strafen oder Anreizen sie für Ausgabendisziplin sorgen, ist offen. Bisher haften die Kassenärzte einer Region kollektiv mit ihren Honoraren für die Einhaltung der Budgets. Dabei drohen auch jenen Ärzten Rückzahlungen, die sparsam verordnet haben. Obwohl die Ärzte die Budgets wiederholt überzogen, mussten sie noch nie kollektiv Geld zurückzahlen.

(RPO Archiv)
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