Streit um höhere Strafen für Raser Scheuer verhandelt mit Ländern über Bußgeldkatalog

Berlin · Der Bundesverkehrsminister will einen Kompromiss erreichen, die Chefin der Verkehrsministerkonferenz Anke Rehlinger (SPD) fordert eine Einigung bis Anfang November.

 Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, im Oktober im Bundestag (Archiv).

Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, im Oktober im Bundestag (Archiv).

Foto: dpa/Michael Kappeler

Im festgefahrenen Streit um Änderungen am Bußgeldkatalog kommt es an diesem Freitag zu einem Vermittlungsgespräch von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Ressortchefs der Länder. Zeitgleich zur Bundesratssitzung will Scheuer per Videokonferenz mit den Verkehrsministern der Länder Saarland, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig Holstein verhandeln. Seine saarländische Amtskollegin Anke Rehlinger (SPD), die auch den Vorsitz der Verkehrsministerkonferenz innehat, forderte rasche Ergebnisse. „Wir müssen jetzt, am besten vor der nächsten Sitzung des Bundesrates, zu einer Einigung kommen“, sagte sie mit Blick auf die Sitzung der Länderkammer am 6. November. „Alles andere wäre den Auto- und Radfahrern in Deutschland nicht mehr vermittelbar und schlicht peinlich.“

Hintergrund ist eine Änderung der Straßenverkehrsordnung und des Bußgeldkatalogs, die Strafen für zu schnelles Fahren deutlich verschärft hat. Wegen eines Formfehlers ist diese Änderung allerdings wieder außer Kraft. Daraufhin hat sich ein Streit entzündet, ob zunächst nur der Formfehler korrigiert werden soll, das wollen die Grünen - oder ob auch die härteren Strafen für Raser gemildert werden sollen, weil sie unverhältnismäßig sind. Das wollen vor allem unionsgeführte Länder sowie Scheuer. Zuletzt hatten jedoch auch die Grünen weitere Punkte wie deutlich höhere Bußgelder von teils mehr als 1000 Euro ins Gespräch gebracht. Zudem wollen sie es Ländern ermöglichen, in einzelnen Kommunen das gesamte Stadtgebiet befristet zur Tempo-30-Zone zu machen und die Auswirkungen evaluieren zu lassen.

Angesichts dieser verhärteten Fronten rief Rehlinger beide Seiten dazu auf, konstruktiv für eine Lösung zu arbeiten. „Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat jetzt die Verantwortung, auf eine Lösung hinzuwirken“, sagte sie. Es sei seine Verordnung, die wegen Formfehlern gescheitert sei und seit Monaten Verkehrsteilnehmer im Unklaren lasse. „Meine Geduld für dieses Thema neigt sich dem Ende zu, es kann aber nicht liegen bleiben, weil Herr Scheuer anderweitig beschäftigt ist“, sagte Rehlinger. Auch die Grünen müssten sich bewegen. „Die Grünen betreiben ihre Parteitaktik auch auf dem Rücken der Radfahrer, deren Sicherheit mit der Novelle verbessert werden soll“, sagte die SPD-Politikerin. „Mit ein bisschen gutem Willen hätten wir in der letzten Bundesratssitzung schon härtere Strafen für Raser und besseren Schutz für Radfahrer beschließen können, daran hatten die Grünen kein Interesse.“

Mitte September waren die Verhandlungen vor einer Bundesratssitzung gescheitert. Jetzt gilt weiterhin der alte Bußgeldkatalog. Rehlinger startete einen weiteren Kompromissvorschlag: „Ich kann mir vorstellen, künftig weitere Gefahrenzonen wie Pflegeheime und Spielstraßen in die Liste aufzunehmen, wo bei massiven Geschwindigkeitsüberschreitungen sofort ein Fahrverbot verhängt würde“, sagte sie. „Oder aber komplett in Tempo-30-Zonen ein sofortiges Fahrverbot ab beispielsweise 21 Stundenkilometern zu schnell.“

Extrem hohe Bußgelder, wie sie die Grünen zuletzt vorgeschlagen hatten, lehnt Rehlinger hingegen ab. „Bußgelder im vierstelligen Bereich sind unverhältnismäßig, weil sie – anders als es zum Beispiel Strafrecht üblich ist -, die finanzielle Leistungsfähigkeit völlig unberücksichtigt lassen und bei niedrigen Einkommen schnell zu Überforderungen führen können“, sagte sie. Ob an diesem Freitag ein Kompromiss gelingt, ist offen.

(jd/dpa)
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