Schwerpunkt Plagiatsvorwürfe Schavan kämpft um Amt und Ehre

Berlin · Ministerin Schavan wurde von der Veröffentlichung des Gutachtens der Universität Düsseldorf über ihre Promotionsarbeit kalt erwischt. Sie war davon ausgegangen, dass die Plagiatsvorwürfe entkräftet würden. Das Gegenteil ist der Fall. Nun muss sie die Wissenschaftler überzeugen.

Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat in ihrer Karriere schon viele Schlachten geschlagen. Bislang ging es aber noch nie um ihren guten Ruf als integre, solide und intellektuell beschlagene Politikerin. Selten auch konnte man die Ministerin persönlich derart getroffen erleben, wie in den Debatten um ihre Dissertation. Für Schavan geht es in dieser öffentlichen Auseinandersetzung, ob sie getäuscht hat oder ob ihr bei ihrer Promotion nur handwerkliche Fehler unterlaufen sind, auch um ihre persönliche Ehre.

Bislang hat die CDU-Politikerin eine blitzsaubere Karriere hingelegt. Nach ihrem Abitur 1974 in Neuss studierte sie Erziehungswissenschaften, Theologie und Philosophie in Bonn und Düsseldorf. Damals gab es die Möglichkeit, sein Studium gleich mit einer Dissertation abzuschließen. Schavan nutzte sie nach nur sechs Jahren Studium. Gegen ihre Promotionsschrift mit dem Titel "Person und Gewissen" wurden Anfang Mai erstmals von einem anoymen Plagiatsjäger Vorwürfe erhoben. Selbst unter den Plagiatsjägern war umstritten, ob die angeblichen Plagiate schwerwiegend genug sind, dass sie öffentlich gemacht werden sollten. Der anonyme Plagiatsjäger, der sich unter dem Decknamen Robert Schmidt inzwischen mehrfach an die Öffentlichkeit gewandt hat, traf damals im Frühling eine einsame Entscheidung und veröffentlichte alle Fundstellen im Netz.

Schavan wies die Vorwürfe zurück und erlegte sich selbst ein öffentliches Schweigegebot auf, bis die Universität Düsseldorf ihre Arbeit geprüft habe. Sie selbst ging fest davon aus, dass die Vorwürfe durch die Uni entkräftet würden.

Monatelang ließ sich die Uni Düsseldorf Zeit, die Dissertation auf Hieb- und Stichfestigkeit zu prüfen. Alle Nachfragen, warum es so lange dauere, beschied die Hochschule mit Hinweisen auf Quellenstudium, Fernausleihen und Gründlichkeit. Am Ende fällte der verantwortliche Wissenschaftler, Stefan Rohrbacher, Prodekan und Professor für Jüdische Studien, ein vernichtendes Urteil. An etlichen Stellen wirft er der Ministerin vor, philosophische Originale aus der Sekundärliteratur zitiert zu haben. Dahinter steht der Vorwurf, dass sie sich die Originale nicht selbst erarbeitet habe.

Schavan, die kleine handwerkliche Fehler einräumt, aber in der Plagiatsfrage, also der Frage, ob sie geistiges Eigentum gestohlen habe, von ihrer Unschuld überzeugt ist, will um ihr Ansehen kämpfen.

Aus vielen Gründen wäre eine Aberkennung des Titels für sie besonders dramatisch. Sie ist seit sieben Jahren Bildungs- und Forschungsministerin, repräsentiert also den Wissenschaftsstandort Deutschland. Sie braucht auch Autorität in Hochschulkreisen, um ihr Amt ausfüllen zu können. Ihr ganzes Berufsleben war bislang bestimmt von Bildung, Forschung und Erziehung. Vor ihrem Wechsel in die Bundespolitik war sie zehn Jahre lang Kultusministerin in Baden-Württemberg, davor leitete sie eine Studienförderung. 2008 bekam sie die Ehrenprofessur der Freien Universität Berlin.

Nicht zuletzt in der öffentlichen Debatte um die Plagiatsvorwürfe gegen den früheren Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) spielte die Vertraute der Kanzlerin eine entscheidende Rolle. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" bewertete sie auf dem Höhepunkt der Affäre die Vorwürfe gegen den Kabinettskollegen mit strengen Maßstäben: "Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich."

Als Schavan im August ankündigte, sie werde beim CDU-Parteitag im Dezember nicht mehr als stellvertretende Parteivorsitzende antreten, wurde dies vielfach als indirektes Schuldeingeständnis gewertet, was die Vorwürfe gegen ihre Dissertation betrifft. Auch dagegen wehrte sich Schavan offensiv. Sie erklärte, dass sie nach der Bundestagswahl 2013 Ministerin bleiben wolle. Nun muss sie darum bangen, ob sie es bis dahin bleibt.

(qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort