Berlin Schäuble will Soli beibehalten
Berlin · Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat gestern im Kabinett Steuersenkungen und niedrigere Sozialabgaben ab 2013 beschlossen. Allerdings warnte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Vorstellung der mittelfristigen Finanzplanung später vor zu hohen Erwartungen. "Wir haben wenig Spielraum", sagte Schäuble. Das "Problem der kalten Progression" müsse allerdings angegangen werden. Damit ist der Effekt gemeint, dass Lohnzuwächse durch höhere Besteuerung und Preissteigerungen weitgehend aufgezehrt werden. Bedarf bestehe vor allem, weil die Inflation anziehe, betonte Schäuble.
Der Finanzexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Alfred Boss, beziffert den Effekt der kalten Steuerprogression im laufenden Jahr auf knapp fünf Milliarden Euro. "Dieser Betrag entgeht den Steuerzahlern 2011 gegenüber 2010 allein infolge von Lohn- und Inflationsanstiegen", sagte Boss. Dieselbe Summe falle jeweils erneut 2012 und 2013 an. "Wollte man den Effekt der kalten Progression seit 2010 vollständig ausgleichen, müsste man die Steuerzahler 2013 um 15 Milliarden Euro entlasten", so Boss.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, hält ab 2013 eine "deutliche Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge" für möglich. "Neben Steuerentlastungen müssen auch die Sozialabgaben gesenkt werden", sagte er unserer Zeitung.
Die Details der Steuerreform soll eine Arbeitsgruppe aus Finanz- und Haushaltspolitikern von Union und FDP im Bundestag erarbeiten, erfuhr unsere Zeitung aus Koalitionskreisen. Eine Entscheidung soll im Herbst getroffen werden, wenn die aktuellen Prognosen der Steuerschätzer vorliegen. Die Länderministerpräsidenten, darunter auch CDU-Regierungschefs, lehnen bislang Steuersenkungen ab. Änderungen am Einkommensteuerrecht bedürfen aber der Zustimmung des Bundesrats. Schäuble wies Überlegungen zurück, alternativ den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Die Abgabe fällt alleine dem Bund zu.
Grünen-Politiker nannten die Steuerpläne der Koalition angesichts der Staatsverschuldung "pervers". FDP-Chef Philipp Rösler verteidigte das Vorgehen. Der Beschluss sei eine "Entscheidung der ökonomischen Vernunft", sagte der Wirtschaftsminister.