Eurogruppe sucht nach einem Ausweg Schäuble lässt Griechen abblitzen

Berlin/Brüssel · Der Bundesfinanzminister sieht im neuen Antrag auf Hilfen keinen "substanziellen Lösungsvorschlag". SPD und Grüne kritisieren Schäubles harte Haltung. Die Eurogruppe sucht heute nach einem Ausweg.

Griechenland: Euro-Gruppe sucht nach einem Ausweg
Foto: Anna Radowski

Das Griechenland-Drama ist um ein spannendes Kapitel reicher: Das pleitebedrohte Land blitzte gestern mit einem Antrag auf neue Finanzhilfen bei der Bundesregierung ab. "Der Brief aus Athen ist kein substanzieller Lösungsvorschlag", sagte Martin Jäger, Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). "In Wahrheit zielt er auf eine Brückenfinanzierung, ohne die Anforderungen des Programms zu erfüllen", sagte Jäger. "Das Schreiben entspricht nicht den am Montag in der Euro-Gruppe vereinbarten Kriterien." Der Antrag sei ein "Trojanisches Pferd", heißt es in dem Papier zur Vorbereitung des heutigen Euro-Finanzminister-Treffens.

Das mit Spannung erwartete Antragsschreiben war am frühen Morgen beim Chef der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, eingegangen. Es war zunächst überwiegend positiv beurteilt worden, da die griechische Regierung scheinbar die wichtigsten Bedingungen der Eurogruppe erfüllte. Umso überraschender kam wenige Stunden später die Zurückweisung durch Schäuble.

Dieser läuft nun Gefahr, nicht mehr auf einhellige Unterstützung der EU für seinen harten Kurs bauen zu können. Vor allem in der EU-Kommission gibt es Sympathien für das griechische Vorgehen. Auch innerhalb der Berliner Koalition löste Schäuble Irritationen aus.

In seinem Schreiben an die Euro-Gruppe bittet der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis um eine sechsmonatige Verlängerung der Finanzhilfen - allerdings nicht eindeutig auf der Grundlage des bisherigen Hilfsprogramms. Anders als bisher akzeptiert er weitere Überwachungen durch die in Griechenland ungeliebte "Troika" aus Europäischer Zentralbank (EZB), EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF). Zudem erkennt Varoufakis sämtliche Rückzahlungsverpflichtungen an. Zugleich wolle Athen aber "substanzielle, weitreichende Reformen beginnen, die nötig sind, um den Lebensstandard von Millionen griechischer Bürger durch Wirtschaftswachstum, Beschäftigungsförderung und sozialen Zusammenhalt wiederherzustellen".

Das würde nach Lesart der Euro-Gruppe einen Freibrief für weitreichende Athener Ausgabenprogramme bedeuten. Der Brief enthält zudem kein klares Bekenntnis zu den bisherigen Spar- und Reformauflagen des bestehenden Hilfsprogramms. Dies war aber das wichtigste von fünf Kriterien der Euro-Gruppe. Das fehlende Bekenntnis zu den Reformauflagen sei der Hauptgrund für die Ablehnung Schäubles, hieß es in Kreisen seines Ministeriums. Zudem schaffe Athen bereits Fakten, die den Auflagen zuwiderliefen, etwa durch den Stopp von Privatisierungen. Die Euro-Gruppe kommt heute ab 15 Uhr erneut in Brüssel zusammen und dürfte bis weit in die Nacht hinein tagen.

In Berlin wurde Kritik an Schäuble laut. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) riet dazu, "dass wir diese neue Haltung der griechischen Regierung als Ausgangspunkt für Verhandlungen nutzen und nicht vorher bereits öffentlich ablehnen". Man solle "jetzt nicht zu schnell ja oder nein sagen". Noch gestern telefonierte Kanzlerin Angela Merkel 45 Minuten lang mit ihrem griechischen Amtskollegen Alexis Tsipras, ohne dass Details bekannt wurden. Zuvor hatte Athen erklärt, es werde nach dem Nein aus Berlin nicht nachbessern: "Die Euro-Gruppe hat nun nur zwei Wahlmöglichkeiten", hieß es: "Entweder sie akzeptiert den griechischen Antrag oder sie lehnt ihn ab. Dann wird sich zeigen, wer eine Einigung will und wer nicht."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort