Athen Samaras bildet Regierung im Eiltempo

Athen · Nur wenige Tage nach der Wahl in Griechenland hat Antonis Samaras eine pro-europäische Koalition gebildet. Der Ökonom will damit den Druck von dem krisengebeutelten Land nehmen. Allerdings droht ihm Ärger von den Linksextremisten: Diese könnten Reformvorhaben torpedieren.

Stolz stand Antonis Samaras beim gestrigen Amtseid ins Gesicht geschrieben: Der Wahlsieger vom Sonntag ist neuer griechischer Ministerpräsident, hat überraschend schnell eine pro-europäische Regierung auf die Beine gestellt. Das Bündnis seiner konservativen Nea Dimokratia (ND) mit der sozialistischen Pasok und der Demokratischen Linken verfügt über eine stabile Mehrheit von 179 der 300 Sitze im Parlament. Durchregieren kann er dennoch nicht. "Die Probleme, die vor Ihnen liegen, sind viele, und sie sind sehr schwierig", gab Staatspräsident Karolos Papoulias dem neuen Premier mit auf den Weg.

Das ist noch untertrieben. Vor dem 61-jährigen Ökonomen liegt eine Herkulesaufgabe. Der Absolvent der US-Elite-Uni Harvard soll die Konsolidierungsauflagen der internationalen Geldgeber durchpauken, Hellas im Euro halten und aus dem Tal der Tränen hinausführen. Auf der Agenda stehen ein massiver Stellenabbau im öffentlichen Dienst, Lohnsenkungen, Strukturreformen, Privatisierungen.

Die Linksradikalen werden ihm das so schwer wie möglich machen. Der nur knapp unterlegene Syriza-Chef Alexis Tsipras verweigerte sich einem Bündnis der nationalen Einheit. Sprich: Er will auf Totalopposition setzen und mit den Gewerkschaften die Straße gegen das "Spardiktat" mobilisieren, das er komplett aufkündigen wollte. Da kann Samaras' Sanierungs-Mission schnell zum Sisyphos-Job mutieren.

Heute will der Regierungschef sein Kabinett vorstellen. Den Posten des Finanzministers wird voraussichtlich der Präsident der privaten Nationalbank, Wirtschaftsprofessor Vassilis Rapanos, übernehmen. Er werde von der Regierung "harte Arbeit" verlangen, um dem griechischen Volk "greifbare Hoffnungen" geben zu können, kündigte Samaras an. Sein Bündnis bekennt sich zwar grundsätzlich zu den Auflagen der Geldgeber von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF), pocht aber auf Erleichterungen. Beim EU-Gipfel Ende kommender Woche dürfte es erstmals krachen. Pasok-Chef Evangelos Venizelos kündigte für das Treffen bereits "einen wichtigen Kampf" an.

Die Euro-Partner haben vorsichtig Entgegenkommen beim Zeitrahmen signalisiert. Das dürfte den Griechen nicht reichen. Hinzu kommt: Werden Einsparungen in die Zukunft verschoben, reißen im griechischen Staatshaushalt Löcher auf, die die Kreditgeber stopfen müssen. Die zugesagten 240 Milliarden Euro Hilfen reichten dann nicht aus, ein drittes Rettungspaket würde nötig. Bisher soll die Neuverschuldung von 9,3 Prozent der Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr auf 2,1 Prozent bis 2014 sinken. Dafür waren zum Abschluss des zweiten Rettungspakets im Frühjahr noch 11,7 Milliarden Euro an Einsparungen 2013 und 2014 offen. Inzwischen dürfte die Lücke wegen der sich verschärfenden Rezession und dem Reformstillstand im Wahlkampf gewachsen sein. Klarheit gibt es erst, wenn die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und IWF in ein paar Wochen ihre Bestandsaufnahme gemacht hat. Ihr positives Zeugnis ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Hilfs-Tranche von 31,3 Milliarden Euro, die im August fällig wird.

Die EU-Partner beäugen Samaras skeptisch. Schließlich gehört er zur alten Elite: Seine Partei hat Griechenland durch Misswirtschaft maßgeblich mit in die Misere geführt. Zudem hat sich der Konservative bisher mehr durch Sturheit als durch Staatsräson hervorgetan. Obwohl sein Land auf den Bankrott zusteuerte und zweimal um Milliardenhilfen bat, weigerte er sich als Oppositionsführer, im Parlament den Sparbeschlüssen der Pasok-Regierung von Giorgos Papandreou zuzustimmen. Mit Papandreou hatte er sich während des Studiums in den USA ein Zimmer geteilt.

Internet Das ist Antonis Samaras – sein Porträt unter rp-online.de/politik

(RP)
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