Saarbrücken Saar: Schwarz-Rot auf Probe?

Saarbrücken · Morgen entscheidet sich im Saarland, ob dort eine große Koalition zustande kommt. Die SPD versucht eine List und möchte Neuwahlen bereits 2013. Die CDU blockt ab. Die Chancen auf ein Bündnis liegen bei 50 Prozent.

Alle Augen richten sich auf das Saarland. So mag es der Bundesland-Winzling mit der Einwohnerzahl Kölns, den ein gut trainierter Radler in einer Tagestour näher kennenlernen könnte.

Die beiden Saarländer, die im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, sind: Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), seit August 2011 Regierungschefin in einem schmucken Weißen Haus am Saarbrücker Ludwigsplatz, und Heiko Maas, SPD-Partei- und Fraktionschef an der Saar. Ginge es nach der Bundes-SPD, würde der 45 Jahre alte Jurist Maas nicht etwa Superminister für Wirtschaft plus X unter der 49 Jahre alten Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer, sondern im April/Mai deren Nachfolger in besagtem kleinen Weißen Haus.

Auffallend deutlich machte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles – die diesmal voll und ganz die Unterstützung ihres Vorsitzenden Sigmar Gabriel haben dürfte – ihre Vorliebe für Neuwahlen im Saarland, nachdem Kramp-Karrenbauer die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen am Dreikönigstag plötzlich aufgekündigt hatte.

Große Koalitionen scheinen im Trend zu liegen. Ein weiteres Bündnis dieser Art – und sei es in dem politisch nicht schwergewichtigen Saarland – liefe womöglich dem Gabriel-Plan zuwider, sämtliche Wahlentscheidungen bis zur Bundestagswahl im Frühherbst 2013 schneidig nach der Lagertheorie zu führen. Gabriels grob gewirktes Motto: hier die heillosen Schwarz-Gelben, dort die segensreiche Kombination Rot-Grün.

Maas, der mit 30 Staatssekretär und mit 32 Minister an der Saar war, bevor er seinen langen, bislang nicht zum Ziel führenden Marsch auf die Staatskanzlei antrat, kann die Bedenken von Gabriel, Nahles & Co. gegen eine große Koalition, noch dazu mit der SPD als Juniorpartnerin, verstehen. Aber ihm ist das Hemd näher als der Rock, und er will eine List anwenden: fix eine schwarz-rote Koalition bilden, dann einen Minister-Bonus bekommen und zeitgleich mit der Bundestagwahl am 15. oder 22. September 2013 vor die Landtags-Wähler treten. Vielleicht fürchtet Maas auch, dass bei Neuwahlen ohne vorherige große Koalition nicht er, sondern die populäre Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Pritz (SPD) ins Rennen gegen CDU-Spitzenfrau Kramp-Karrenbauer geschickt wird.

Bei den sieben Stunden dauernden Sondierungsgesprächen am Wochenende überraschte die SPD-Delegation, der Charlotte Pritz angehört, das CDU-Team nicht nur durch Detailkenntnisse der tieftraurigen Haushaltslage, sondern auch mit dem Vorstoß, die Landtagswahl um ein Jahr auf 2013 vorzuziehen. Kramp-Karrenbauer roch den Braten und blockte ab: Dann würden doch die Parteien einer soeben beschlossenen großen Koalition sofort wieder mit dem Wahlkampf beginnen, statt sich seriös an die Lösung der politischen Probleme des Landes zu machen.

Einmal beim Dissens angelangt, legte die SPD noch einen Scheit in die Glut: Man wolle einen gesetzlich festgezurrten Mindestlohn und anders als die CDU verbindliche Ganztagschulen, nicht solche, an denen die Kinder mittags nach Hause dürfen, wenn die Eltern dies wünschen. Kramp-Karrenbauer (sie gehört zum CDU-Sozialflügel) will einen von den Tarifparteien ausgehandelten Mindestlohn.

Morgen Vormittag erhalten die drei entlassenen Minister von Grünen und FDP in der Plenarsitzung ihre Urkunden. Anschließend heißt es wieder: Kramp-Karrenbauer mit oder gegen Heiko Maas. Die Lage wird als ernst und schwierig beschrieben, es stehe 50 zu 50, ob Schwarz-Rot kommt oder nicht.

Einigkeit besteht darin, dass das Saarland (Schuldenstand: zwölf Milliarden) gemäß der Schuldenbremse bis 2020 jährlich 100 Millionen Euro einsparen soll. Da die SPD sich nicht länger hiergegen sperrt, ist ihr eine rot-grüne Koalition plus die Linke versperrt; denn Letztere lehnt die Schuldenbremse ab. Auch beim Straßenneubau sind CDU und SPD beieinander.

(RP)
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