Diskussion um Garzweiler II RWE prüft vorzeitigen Rückzug aus Braunkohle

Essen/Grevenbroich/Erkelenz · Der Konzern spielt einen früheren Ausstieg aus Garzweiler durch. Politiker fordern Planungssicherheit für Mitarbeiter und Anwohner.

Die Krise von RWE sorgt im rheinischen Braunkohle-Revier für Aufregung. Der Konzern spiele intern ein Szenario für den vorzeitigen Ausstieg aus der Braunkohle-Förderung durch, heißt es in Unternehmenskreisen. Eigentlich ist geplant, Braunkohle im Tagebau Garzweiler bis zum Jahr 2045 abzubauen. Doch weil infolge der Energiewende auch immer mehr Braunkohle-Kraftwerke Verluste machen, sinkt der Bedarf an Braunkohle. Entsprechend gebe es erste Planspiele bei RWE, den Abbau einzustellen, wenn die Kohle in den Gebieten gefördert worden ist, in denen Siedlungen bereits dem Tagebau weichen mussten, heißt es weiter. Das wäre 2017/2018.

RWE dementierte zwar, dass es hierzu konkrete Überlegungen gibt. "RWE hält an seinen bisherigen Planungen zur Fortführung des Tagebaus Garzweiler II unverändert fest", erklärte Vorstandschef Peter Terium auf einen entsprechenden Bericht der "Süddeutschen Zeitung". "Braunkohle als heimischer Energieträger ist ein wichtiger Teil des Erzeugungsportfolios im RWE-Konzern." Garzweiler II mit einem jährlichen Fördervolumen von bis zu 40 Millionen Tonnen sei fester Bestandteil der Zukunftsplanung des Unternehmens.

Die Frage ist aber, wie lange das noch so ist. Denn sinkende Großhandelspreise für Strom und anziehende Preise für Kohlendioxid-Zertifikate (Verschmutzungsrechte) setzen der Braunkohle zu. Mehrere Braunkohle-Blöcke (in Frimmersdorf und Goldenberg) hat RWE wegen mangelnder Rentabilität bereits unter "intensive Beobachtung" gestellt. Ihnen droht die Stilllegung. Wenn RWE auf Dauer womöglich nur noch die Hälfte seiner Braunkohle-Kraftwerke wirtschaftlich betreiben könne, brauche man auch nur noch die Hälfte der Kohle, heißt es intern.

RWE fördert derzeit in drei Tagebaugebieten: Garzweiler und Hambach mit Braunkohle-Vorkommen von jeweils über einer Milliarde Tonnen und ein kleines Gebiet in Inden. Für Garzweiler I und II mussten bereits Dutzende Ortschaften weichen, Tausende Bewohner wurden umgesiedelt. Garzweiler II war 1998 nach langem Streit von der damaligen rot-grünen Landesregierung genehmigt worden. Noch immer stehen hier Umsiedlungen an. Politiker mahnten bei RWE Klarheit an. "Die Bevölkerung hat einen Anspruch auf zuverlässige unternehmerische Planungen", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Umgekehrt sei die Politik in der Pflicht, für Zuverlässigkeit bei der Rahmenplanung zu sorgen. "Im Interesse der Umsiedler kann nur sein, dass bald eine klare Aussage durch die Verantwortlichen erfolgt", betonte der Erkelenzer Bürgermeister Peter Jansen. Für die mehr als 5000 Menschen aus Erkelenz, die ihre Heimat aufgeben mussten oder müssen, bedeute die Debatte neue Unsicherheit.

Der Fraktions-Chef der Grünen im NRW-Landtag, Reiner Priggen, vermutet taktisches Kalkül: "Ich halte die angeblichen Gedankenspiele von RWE für eine Drohung als Begleitmusik für die Koalitionsverhandlungen." RWE wolle sich nur bei der neuen Bundesregierung Subventionen für die Kohleverstromung sichern. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) betonte dagegen die Rolle der Braunkohle: "Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir in Deutschland die konventionellen Energieträger und insbesondere die heimische Braunkohle noch lange brauchen. Sie liefern das unverzichtbare Backup für die Energiewende." RWE sei ein verlässlicher Partner für die Region.

Der Umweltverband BUND forderte dagegen, mit Planspielen ernst zu machen. Garzweiler müsse stillgelegt und der klimaverträgliche Ausstieg aus der Kohleverstromung eingeleitet werden.

(RP)
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