Kritik an Notpaket zu Rente Rürup für Rente erst ab 67 Jahren

Berlin (rpo). Der oberste Rentenberater der Bundesregierung und Wirtschaftsweise, Bert Rürup, will das Rentenalter ab 2011 schrittweise auf 67 Jahre erhöhen und die Rentenformel ändern.

Der künftige Chef der neuen Reformkommission für Rente und Gesundheit kritisierte am Mittwoch in Berlin das aktuelle Notpaket von Rot-Grün zur Rente. Rürup deutete Sympathie für den Vorschlag der Grünen an, die zum 1. Juli 2003 fällige Rentenerhöhung zu verschieben.

Der Sozialexperte schlug vor, das gesetzliche Renteneintrittsalter von 2011 an jedes Jahr um einen Monat anzuheben, so dass es 2030 bei 67 Jahren liege. Auch plädierte er dafür, die Rentenformel zu ändern, um den Anstieg der Beiträge und damit der Lohnnebenkosten weiter zu bremsen.

Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) und andere führende SPD- Politiker hatten allerdings erst am Dienstag eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters abgelehnt.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) stellte sich ausdrücklich hinter die Notprogramme zu Rente und Gesundheit und verteidigte sie gegen die massive Kritik vor allem von Lobbyverbänden. Ziel sei es, den Anstieg der Sozialbeiträge und damit der Lohnnebenkosten zu begrenzen und so das wirtschaftliche Wachstum zu stärken. Die gesamte Bundesregierung stehe hinter den Plänen. "Das gilt insbesondere auch für mich", betonte Schröder.

Dagegen kritisierte Rürup das Notpaket zur Rente. Die geplante Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze stopfe zwar kurzfristig Löcher, werde aber langfristig die Finanznöte im Rentensystem verschärfen. Nach den rot-grünen Plänen sollen Arbeitnehmer, die mehr als 4500 Euro (Ost: 3750) brutto im Monat verdienen, drastisch höhere Rentenbeiträge zahlen. Als Folge erwerben sie allerdings auch höhere Rentenansprüche. Rürup brachte als Alternative eine Aussetzung der Rentenerhöhungen in 2003 ins Gespräch.

Das entsprechende Eilgesetz zu Rente und Gesundheit soll der Bundestag bereits an diesem Freitag verabschieden. Die Koalition will damit den Anstieg des Rentenbeitrages von 19,1 auf 19,5 Prozent begrenzen. Um einen noch stärkeren Anstieg zu verhindern, sollen die Höchstbeiträge für Gutverdiener steigen und die Rücklagen für die Rentenkassen weiter abgeschmolzen werden. Die neue Reformkommission für Rente und Gesundheit soll bis Herbst 2003 Vorschläge für grundlegende Reformen der Sozialversicherungen vorlegen. Unklar ist allerdings, ob diese Reformvorschläge noch vor der Bundestagswahl 2006 umgesetzt werden. Nach einem Bericht der Wochenzeitung "Die Zeit" steht die Besetzung der Kommission schon weitgehend fest. Unter anderem hätten DGB-Chef Michael Sommer und der Vorsitzende des Verbandes der Rentenversicherer, Franz Ruland, zugesagt.

Das Sozialministerium erklärte dagegen, Schmidt sei noch im "Prozess der Findung" und werde erst nächste Woche die Besetzung der Kommission bekannt geben. Auch der DGB dementierte, Sommer habe bereits zugesagt. Es sei noch völlig offen, wer für die Gewerkschaften in der Kommission sitzen werde. Laut "Zeit" sind als weitere Kommissionsmitglieder der Wissenschaftler Gert Wagner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, der Freiburger Rentenexperte Bernd Raffelhüschen, der Kölner Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und der Mannheimer Wissenschaftler Axel Bösch-Supan im Gespräch.

(RPO Archiv)
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