Für öffentliche Aufträge am Bau und im Nahverkehr Rot-Grün bringt Tariftreuegesetz auf den Weg

Berlin (rpo). Die rot-grüne Koalition hat am Freitag ein Tariftreuegesetz auf den Weg gebracht, das dabei helfen soll, Lohndumping am Bau sowie den Niedergang der gesamten Branche zu vermeiden.

Das Gesetz verpflichtet Unternehmer, bei öffentlichen Aufträgen am Bau und im öffentlichen Nahverkehr Tariflöhne zu zahlen. Wirtschaftsminister Werner Müller verteidigte das Vorhaben, das bei Union und FDP auf Ablehnung stößt. Allerdings gibt es auch bei SPD und Grünen noch Diskussionsbedarf. "Ein Unternehmen, das sich an Tarifvereinbarungen hält, hat in Ost- und Westdeutschland nur noch wenig Chancen am Markt", sagte der parteilose Wirtschaftsminister über die Baubranche. "Aber weder Unternehmer noch Arbeitnehmer können auf Dauer bei immer geringeren Löhnen existieren." Das Gesetz solle zumindest bei aus Steuern finanzierten Aufträgen sicher stellen, dass Tarifverträge eingehalten werden.

Künftig sollen sich Unternehmer bei öffentlichen Aufträgen für mehr als 50.000 Euro verpflichten, den üblichen Tarif am Ort des Auftrags zu zahlen. Wer dies bricht, kann mit Ausschluss von weiteren Aufträgen bestraft werden. Die Klausel über den "ortsüblichen Tarif" trifft auf Protest ostdeutscher Bauunternehmer, weil sie bisher mit niedrigeren Tariflöhnen leichter Aufträge in Westdeutschland bekommen konnten. Auch ostdeutsche SPD-Abgeordnete hatten Bedenken geäußert.

Der ostdeutsche Grünen-Abgeordnete Werner Schulz sagte in der Debatte, solche Sorgen müsse man müsse man ernst nehmen. Ostdeutsche Unternehmen dürften nicht vom gesamtdeutschen Markt ausgeschlossen werden. "Das Gesetz wird den Bundestag nicht so verlassen, wie es reingegangen ist", sagte Schulz. Der SPD-Abgeordnete Klaus Wiesehügel, der gleichzeitig Chef der Gewerkschaft IG BAU ist und das Gesetz vehement verteidigte, kündigte Diskussionsbereitschaft in den weiteren Beratungen an.

Union und FDP äußerten hingegen grundsätzliche Ablehnung. Der CDU-Abgeordnete und Bauunternehmer Peter Rauen sagte, das Gesetz sei "nichts als weiße Salbe", die der Bauwirtschaft nicht helfen werde. Die öffentliche Hand vergebe nur noch 14 Prozent aller Bauaufträge. Helfen könne nur, die Schere zwischen hohen Bruttoarbeitskosten und geringen Nettolöhnen zu schließen. Zudem würden öffentliche Bauaufträge mit dem Gesetz um mindestens fünf Prozent teurer, ergänzte Rauens Fraktionskollege Manfred Grund.

FDP-Wirtschaftsexperte Rainer Brüderle lehnte das Gesetz als weitere Regulierung und Bürokratisierung ab. Es baue "Schutzzäune" um regionale Märkte. "Dieses Gesetz hat fast Symbolcharakter für falsche Denke", meinte Brüderle.

Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold (SPD) erinnerte aber daran, dass der Bundesrat auch mit den Stimmen unionsregierter Länder ein eigenes, ähnliches Gesetz eingebracht habe. Öffentliche Arbeitgeber könnten Tarifbruch nicht hinnehmen, sagte Schwanhold.

Der Vorstoß im Bundesrat kam unter anderem von Berlin. Das Land hatte Ende der 90er Jahre ein auf die Hauptstadt begrenztes Tariftreuegesetz verabschiedet, das der Bundesgerichtshof aber wegen vermuteter Verfassungswidrigkeit Anfang 2000 außer Kraft setzte.

(RPO Archiv)
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