Schulbildung für Kinder mit Behinderung Rot-Grün beschließt Inklusion in NRW

Düsseldorf · Eltern behinderter Kinder im Land haben ab 2014 ein Wahlrecht zwischen Förder- oder Regelschule. Die Opposition vermisst Qualitätsvorgaben und wirft dem Land vor, die Kommunen im Stich zu lassen.

Schulbildung für Kinder mit Behinderung: Rot-Grün beschließt Inklusion in NRW
Foto: seybert

Mit den Stimmen von SPD und Grünen hat der nordrhein-westfälische Landtag das Gesetz zur Inklusion in den Schulen verabschiedet. Damit bekommen die Eltern das Recht zu entscheiden, ob ihr behindertes Kind ab dem Schuljahr 2014/15 eine Regel- oder eine Förderschule besuchen soll. Diese Wahlfreiheit gilt allerdings zunächst nur für die Klassen eins und fünf. CDU, FDP und Piraten lehnten den umstrittenen Gesetzentwurf ab, weil sie darin Qualitätsvorgaben für den gemeinsamen Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung vermissen. Außerdem lasten sie der Landesregierung an, die Kommunen bei der Inklusion finanziell im Stich zu lassen.

In einer zum Teil erregten Debatte warf SPD-Fraktionschef Norbert Römer der CDU vor, sie setze "auf Scheitern, wir auf Gelingen". Er begrüßte die Verständigung mit den kommunalen Spitzenverbänden, die im Streit um die Kosten der Inklusion einstweilen von einer Klage absehen, aber bis Ende Januar mit der Landesregierung ein vorläufiges Fazit über die Kosten der Inklusion ziehen wollen. Ihnen bleibe dann immer noch das Recht zur Klage, sagte Römer. Das Gesetz tritt zum 1. August 2014 in Kraft.

Nach Auffassung von CDU und FDP bestehen die schroffen Gegensätze zwischen Land und Kommunen über die Frage der Finanzierung unverändert fort. Rot-Grün habe die Chance vertan, den Kommunen entgegenzukommen. "Das kann nicht gutgehen", erklärte Klaus Kaiser (CDU). Christian Lindner (FDP) warnte vor zu großer Eile: "Die Qualität muss das Tempo des Inklusionsfortschritts bestimmen", sagte der Fraktionschef. Er forderte Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen, der schon bei der Expertenanhörung durchgefallen sei. Es sei zudem zu befürchten, dass die renommierten Förderschulen "ohne Not abgebaut" würden.

Die Ministerin wies dies zurück: "Wir schaffen von Landesseite keine Förderschulen ab." Allein die Eltern entschieden, welche Schulen es gebe. Löhrmann warf der Union vor, sich vom Schulkonsens zu verabschieden. In der Übereinkunft hatten SPD, Grüne und CDU 2011 aufgelistet, wie das Schulangebot aussehen soll. Genannt wurden auch "Förderschulen, soweit sie trotz Inklusion erforderlich sind".

Die Forderung der Opposition nach Qualitätstandards im Inklusionsgesetz wies die Ministerin als unrealistisch zurück, da der jeweilige Förderbedarf der Kinder und Jugendlichen unterschiedlich sei. Die CDU setze offenbar auf eine "Einheitsinklusion". Sigrid Beer (Grüne) hob hervor, dass die betroffenen Eltern nun endlich Sicherheit für das neue Schuljahr bekämen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigte sich "schwer enttäuscht" über das Vorgehen von Rot-Grün. Statt für verlässliche Rahmenbedingungen zu sorgen, gebe es im Gesetz "nur diffuse Vorgaben für die untere Schulaufsicht", erklärte die GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer. Nahezu alle Empfehlungen bei der Expertenanhörung seien in den Wind geschlagen worden.

Der Verband Lehrer NRW kritisierte, zwar habe die Schulministerin die Kommunen hinsichtlich der Kostenfrage vorerst ruhiggestellt: "Aber die Lehrkräfte, die Inklusion umsetzen sollen, lässt sie im Regen stehen."

(RP)
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