CDU-Kreisverband Kleve Pofallas Wähler fühlen sich betrogen

Kleve · Im CDU-Kreisverband Kleve herrscht Empörung über die mögliche Neuorientierung des Bundestagsabgeordneten, der für einen Chef-Posten im Bahn-Vorstand gehandelt wird. Am Freitag wird er zu einer Klausursitzung in Kalkar erwartet.

 Ronald Pofalla (CDU) steht wegen seines angeblich bevorstehenden Wechsels zur Deutschen Bahn in der Kritik.

Ronald Pofalla (CDU) steht wegen seines angeblich bevorstehenden Wechsels zur Deutschen Bahn in der Kritik.

Foto: afp, JOHANNES EISELE

Die Nachricht vom möglichen Wechsel "ihres" Bundestagsabgeordneten Ronald Pofalla auf einen Chefsessel im Vorstand der Deutschen Bahn hat die knapp 4000 Mitglieder des CDU-Kreisverbands Kleve entsetzt und empört. "Wir werden mit Briefen, E-Mails und Telefonanrufen bombardiert", sagt der Kreisparteivorsitzende Günther Bergmann aus Kalkar, seit 2012 für die CDU im Landtag. Ein drastisches Beispiel für die Wut der Mitglieder kursierte gestern als Mail in den Kreisen der Christdemokraten. "Du hast deine Wähler und die CDU im Kreis Kleve im Stich gelassen. Man könnte sagen, du hast deine Wähler betrogen", schreibt der stellvertretende CDU-Chef der Stadt Straelen, Christoph Andreas, an Pofalla.

Kein Wunder, wurde der 54-jährige Ex-Kanzleramtsminister aus Weeze gerade erst bei der Bundestagswahl 2013 im bekannt "schwarzen" Wahlkreis Kleve mit 50,9 Prozent der Stimmen als Direktkandidat für den Bundestag bestätigt — zum sechsten Mal in Folge seit 1994. Und sollte Pofalla, wie nicht anders zu erwarten, sein Bundestagsmandat niederlegen wegen des Seiteneinstiegs bei seinem Duz-Freund, Bahnchef Rüdiger Grube, wäre nicht nur der Einsatz der Mitglieder im Wahlkampf für die Katz gewesen, sondern der Wahlkreis Kleve auch erstmals seit 1949 ohne einen CDU-Vertreter im Bundestag. Dann wäre die ewige Nummer zwei im Kreis Kleve, die heutige SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks, die alleinige Vertreterin. Und die CDU im Kreis hätte das Problem, nach dem endgültigen Ende der mehr als zwei Jahrzehnte langen Pofalla-Ära bis zur Bundestagswahl 2017 sozusagen aus dem Nichts einen Nachfolger aus dem Hut zaubern zu müssen.

Keine Reaktion auf Anrufe und SMS

Was Bergmann enttäuscht, ist die völlig fehlende Kommunikation. "Kein Bild, kein Ton", sagt er, denn Pofalla habe weder auf seine Anrufe noch auf SMS oder Mails reagiert. "Er fühlt die Verantwortung vor Ort für seine Wähler derzeit nicht", urteilt der Unternehmensberater.

Den ersten Tiefschlag habe der CDU-Kreisvorstand schon am Abend des 13. Dezember hinnehmen müssen, als Pofalla zwei Tage vor der Bekanntgabe der Regierungsmitglieder in Berlin während einer Sitzung in Kalkar einen kurzen Vortrag zur Lage hielt, ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass er nicht mehr für ein Ministeramt zur Verfügung stehe, weil er heiraten und eine Familie gründen wolle. "Das erfuhren die Führungskräfte des Kreises erst wenige Minuten später aus den Medien, als Pofalla schon auf dem Weg zu seinem Haus in Weeze war. Und da waren wir alle schon sehr irritiert", sagt Bergmann. Damals habe es aber noch eine Kommunikation zwischen der Parteispitze und ihrem Abgeordneten gegeben, der selbst von 1991 bis 2007 den Kreisverband führte, ehe er im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Kreis-Mitgliederversammlung auf dem Flughafen Weeze zum Ehrenvorsitzenden gekürt wurde.

CDU-Kreisvorstand trifft sich am Freitag

Pofalla habe seine "neue Lebensperspektive glaubhaft erläutert, auch wenn wir sehr überrascht waren", sagt Bergmann. Die Situation habe sich aber seit der Nachricht vom mit einem Jahresgehalt von angeblich 1,3 bis 1,8 Millionen Euro hoch dotierten Wechsel in den Vorstand der Deutschen Bahn grundlegend geändert. "Seither habe ich nichts mehr von Pofalla gehört. Er ist abgetaucht, hat wohl Urlaub gemacht", sagt der 48-Jährige, der zum Thema "Seitenwechsel" eine eigene Meinung vertritt: "Wir brauchen diese Durchlässigkeit von Wirtschaft und Politik. Die Expertisen müssen wandern." Wenn das allerdings schon wenige Monate nach einer Bundestagswahl geschehe mit der Folge, dass ein Wahlkreis seinen Abgeordneten verliert, dann habe das eine andere Dimension.

Die Zeit der Sprachlosigkeit dürfte nach Meinung Bergmanns aber nur noch wenige Tage andauern. Der 29-köpfige CDU-Kreisvorstand, dem Pofalla als Ehrenvorsitzender auch weiterhin angehört, trifft sich am Freitag um 16 Uhr auf der Burg Boetzelaer in Appeldorn bei Kalkar zu einer mehrstündigen Klausursitzung. "Ich gehe fest davon aus, dass Ronald Pofalla an dieser Tagung teilnimmt und sich dort auch erklären wird. Eine andere Information liegt mir jedenfalls nicht vor", sagt Bergmann. Fragt sich nur, ob Pofalla kommt und was er sagt.

(RP)
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