CDU in Nordrhein-Westfalen Röttgen zum neuen Parteichef gewählt
Bonn (RPO). Knapp sechs Monate nach dem Wahldebakel der CDU in Nordrhein-Westfalen hat der größte CDU-Landesverband mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen einen neuen Vorsitzenden. Die Delegierten eines Landesparteitags wählten den 45-Jährigen am Samstag in Bonn mit 92,5 Prozent zum Nachfolger von Jürgen Rüttgers. In seiner Vorstellungsrede plädierte Röttgen für eine lebendige Debatten-Kultur in der Landes-CDU.
Auf Röttgen entfielen 589 von 637 gültigen Delegiertenstimmen. Die Wahl des Bundesumweltministers hatte bereits im vorhinein als Formsache gegolten: Der Jurist aus dem rheinischen Meckenheim hatte am vergangenen Wochenende eine Befragung der CDU-Basis über den künftigen Landeschef gegen den früheren NRW-Integrationsminister Armin Laschet für sich entschieden.
Röttgen werden nach Übernahme des CDU-Chefsessels in Düsseldorf auch gute Chancen auch für die Rüttgers-Nachfolge als einer der vier Stellvertreter von CDU-Chefin Angela Merkel eingeräumt. Die Vizevorsitzenden der CDU werden in gut zwei Wochen auf dem CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe neu gewählt.
Zum neuen Generalsekretär der Landes-CDU wählten die Delegierten den früheren Landes-Verkehrsminister Oliver Wittke mit gut 70 Prozent der gültigen Stimmen. Wittke ist Nachfolger von Andreas Krautscheid, der Medienberichten zufolge vor einem Wechsel in die Wirtschaft steht. Mit seinem Einsatz für Wittke erntete Röttgen keine Begeisterungsstürme. Dieser war unter Rüttgers Verkehrsminister gewesen. Anfang vergangenen Jahres war er von dem Posten zurückgetreten, nachdem bekanntwurde, dass er Monate zuvor vorübergehend seinen Führerschein wegen überhöhter Geschwindigkeit abgeben musste. Wittke sei der Mann seines Vertrauens und stärke die Stimme des Ruhrgebiets in der Partei, sagte Röttgen.
"Wir brauchen lebendige Parteien"
Röttgen sagte in seiner Vorstellungsrede, mit einer Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent bei der Mitgliederbefragung habe die NRW-CDU bewiesen, "dass Diskussion und Teamgeist zusammengehören". "Wir brauchen Diskussion in der CDU", sagte der 45-Jährige. "Wir brauchen lebendige Parteien." Die CDU brauche keine Angst vor ihren politischen Gegnern zu haben. "Unser Schicksal liegt in unseren Händen."
Röttgen rief die Partei zum Zusammenhalt auf. "Geschlossenheit ist die erste Bedingung, gerade auch für einen Erfolg gegen Rot-Grün." Er wolle alles tun, damit die CDU zügig wieder die Regierung in dem bevölkerungsreichsten Bundesland übernimmt. "Wir können in NRW gewinnen, und wir werden wieder gewinnen." Die CDU müsse ein Ort der Diskussion sein, forderte Röttgen vor den mehr als 600 Delegierten im Plenarsaal des ehemaligen Deutschen Bundestages.
In seiner 40-minütigen Rede widmete sich der Minister auch immer wieder der Bundespolitik, etwa der Rente mit 67 oder seinem hauseigenen Thema, der Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke. Starken Beifall erhielt der sonst eher zurückhaltend auftretende Politiker dann, wenn er die Stimme zum Angriff auf den politischen Gegner hob. SPD und Grünen warf er vor, sich vor wichtigen Themen wie der Integration, dem Sozialstaat oder der Energieversorgung wegzuducken. "Taktisches Lavieren - mehr findet nicht statt."
In seiner letzten Rede als CDU-Landesvorsitzender sagte Rüttgers vor den knapp 650 Delegierten, er blicke "mit Dankbarkeit" auf seine fast zwölfjährige Amtszeit zurück. Rüttgers war im Januar 1999 erstmals zum Vorsitzenden der NRW-CDU gewählt worden.
Zugleich wünschte der scheidende Landeschef seinem Nachfolger Röttgen "viel Fortune" für dessen neue Aufgabe. "Jetzt beginnt eine neue Ära in der Geschichte der CDU in Nordrhein-Westfalen." Der 59-Jährige fügte hinzu, er wünsche sich, dass die CDU "politische Heimat für alle bleibt". Rüttgers hatte nach der Abwahl seiner schwarz-gelben Landesregierung im Mai seinen Rückzug als Landeschef und als CDU-Bundesvize angekündigt.
"Rüttgers hat wirklich Historisches geleistet"
Merkel würdigte in ihrer Rede auf dem Landesparteitag die Verdienste von Rüttgers um die CDU. Mit seinem Sieg bei der Nordrhein-Westfalen-Wahl im Frühjahr 2005 habe Rüttgers "nach Jahrzehnten gezeigt, dass man das sogenannte Stammland der SPD für unsere Christlich-Demokratische Union erobern kann". Rüttgers habe "wirklich Historisches geleistet, für Nordrhein-Westfalen, für die CDU und damit auch für Deutschland", sagte die Kanzlerin. Mit seinem Wahlerfolg 2005 habe Rüttgers die Grundlage dafür gelegt, dass es heute eine schwarz-gelbe Bundesregierung gebe.
Am Rande des Landesparteitags im früheren Plenarsaal des Bundestages demonstrierte eine Gruppe Erwerbsloser für eine deutliche Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze und die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns.