FDP-Parteitag Rösler beschwört die liberale Einzigartigkeit

Berlin · Die Erfolge bei den Landtagswahlen und der Sieg im parteiinternen Machtkampf geben FDP-Chef Philipp Rösler neuen Mut. Der 40-jährige demonstriert neues Selbstbewusstsein. Und inszeniert die Liberalen als Bollwerk gegen Steuerhöher und Bevormunder.

Rösler feiert 40. Geburtstag
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Im Frühjahr 2003, bei seiner ersten großen Rede als FDP-Fraktionschef im niedersächsischen Landtag, waren es die Grünen, denen sich Philipp Rösler mit Biss und Spott widmete. Er zeichnete das Bild einer Partei versnobter Karrieristen, die sich "von Polizeibeamten wegtragen lassen, die später ihre Bodyguards werden".

Zehn Jahre später steht Philipp Rösler als Bundesvorsitzender der FDP auf der Bühne im Berliner Estrel Kongresszentrum und erinnert wieder ein wenig an den aggressiven Nachwuchspolitiker von damals. Angriffslustig, entschieden und selbstbewusst präsentiert sich der so Gescholtene. Gleich zu Beginn knüpft sich Rösler die Grünen vor. Die Grünen träumten von Verboten, sagt Rösler. "Und wenn sie aufwachen, von Steuererhöhungen." Genüsslich zählt der FDP-Chef die Steuern auf, die Grüne einführen wollen. "Zuckersteuer, Fettsteuer, Tütensteuer." Und so weiter.

Sandalen statt Pickelmütze

"Früher kam der Obrigkeitsstaat mit Pickelmütze, heute kommt er auf Birkenstocksandalen", bilanziert Rösler und erntet stürmisches Klatschen der knapp 600 Delegierten. Die FDP sei die einzige Partei, die der Kraft der Freiheit vertrauten. "Wir machen nicht nur Kuschelpolitik und tanzen im Kirschblütenregen. Wir übernehmen Verantwortung."

Die Liberalen als Partei wider der staatlichen Bevormundung. Das ist Röslers Leitmotiv in seiner knapp 60-minütigen Rede. Viel davon ist nicht neu. Rösler attackiert die Steuerpläne von SPD und Grünen. 40 Milliarden Euro würde ein SPD-Kanzler Steinbrück die Bürger kosten, rechnet er vor. "Die Steuererhöhungsorgie ist ein Anschlag auf die Mitte in dieser Gesellschaft". Mit Liberalen sei eine solche Politik niemals zu machen, sagt Rösler und erteilt damit Spekulationen über eine Ampel-Koalition aus SPD, Grüne und FDP eine deutliche Absage.

Mindestlöhne und "Lebenswirklichkeit"

Steuersenkungen fordert der Chefliberale zwar nicht mehr, aber nur die FDP stehe dafür, dass es nach der Bundestagswahl keine Steuererhöhungen gebe. Auch gegen den Koalitionspartner schießt Rösler und zitiert das Programm der Union, in dem steht, dass die Union auf "unnötige" Steuererhöhungen verzichten wolle. "Wow, was für eine Entschlossenheit", lästert Rösler.

Sanft korrigiert Rösler schließlich die Position der Liberalen zu Mindestlöhnen. Man müsse die "Lebenswirklichkeit" betrachten. "Es gibt Regionen, in denen nützt es nicht, auf die Tarifautonomie hinzuweisen, weil es keine Tarifpartner gibt", sagt Rösler. Die FDP müsse diese Schwierigkeiten lösen. Im Mai werde die FDP einen neuen Beschluss zu Mindestlöhnen fassen. Das dürfte noch für Diskussionen sorgen. Die Jungliberalen lehnen bislang jede Positionsänderung ab.

Stark ist Philipp Rösler wieder einmal in den Passagen, in denen der gebürtige Vietnamese, der bei seinem Adoptivvater in Niedersachsen aufwuchs, persönlich wird."Es war immer egal, wo man herkam. Entscheidend war, wo man hinwollte." Was Toleranz betreffe sei Deutschland das "coolste Land der Welt", sagt Rösler und wiederholt damit seinen Satz von seiner Geburtstagsfeier vor zwei Wochen. In diesem Zusammenhang fordert der FDP-Chef erneut die Stärkung der doppelten Staatsbürgerschaft und die Gleichstellung der homosexuellen Partnerschaften in der Ehe. Der Koalitionspartner müsse hier endlich die Realitäten akzeptieren.

Dank und Lob für die Parteifreunde

Das Philipp Rösler nach Monaten der innerparteilichen Anfeindungen wieder an Selbstbewusstsein und damit an Statur gewonnen hat, zeigt sich am Schluss. Ausgerechnet bei den Präsidiumsmitgliedern, die ihm in den vergangenen Monaten das Leben auch schwer gemacht haben, bedankt sich Rösler ausschweifend. Rösler findet sogar für Hermann-Otto Solms, den früheren Fraktionschef, der vor einem halben Jahr die Debatte über den Parteichef begonnen hatte und als schärfster Kritiker Röslers gilt, lobende Worte. Er erinnert gönnerhaft an dessen "liberale Lebensleistung".

Die Delegierten applaudieren stehend. Solms treten die Tränen in die Augen. So viel Heuchelei ist selbst bei der FDP selten. Doch Rösler beweist mit der Lobhuddelei, dass er die Wunden schließen, nicht mehr zurückschauen will. Nur kurz geht er auf seine Amtszeit ein. Ja, er habe auch selbst Fehler gemacht, sagt Rösler. "Es gab echt doofe Abende." Aber die liberale Überzeugung habe es ihm möglich gemacht, allen Herausforderungen ientgegenzutreten. "Immer wieder aufstehen, sich einmal schütteln, und dann wieder zu kämpfen", sagt Rösler. Der lange anhaltende Applaus der Delegierten zeigt ihm, dass es sich gelohnt hat. Philipp Rösler hat sich im Amt des Parteichefs behauptet. Wieder einmal.

(brö)
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