Adenau "Rock am Ring" endet nach Terrorwarnung friedlich

Adenau · Sie singen "Eins kann uns keiner nehmen, und das ist die pure Lust am Leben" und "You'll Never Walk alone", trinken noch den Becher Bier aus und verlassen ganz ruhig das Gelände. Marek Lieberberg steht ein paar Minuten zuvor noch auf der Bühne von "Rock am Ring", berichtet von einer akuten Gefährdungslage und leitet die Evakuierung des Musikfestivals ein. Innerhalb einer halben Stunde ist das Gelände am späten Freitagabend geräumt, die Party geht jedoch bis tief in die Nacht auf den Zeltplätzen weiter.

Nach dem Terroralarm durchsucht die Polizei in Hessen die Wohnungen von drei Verdächtigen aus der Salafisten-Szene. Die Männer werden kurz davor vorläufig festgenommen. Sie sind seit Samstagmorgen wieder auf freiem Fuß. Es wird weiter ermittelt. Einen konkreten Tatverdacht gibt es laut Polizei zunächst aber nicht.

Mit Trotz reagieren die Besucher des Pfingstfestivals am Nürburgring auf die Evakuierung und die potenzielle Gefahr eines Anschlags. Daniel, 26, trägt am Samstag ein Schild mit der Aufschrift "Saufen gegen den Terror". Viele Ringrocker kommen auf ihn zu, umarmen ihn, stoßen mit ihm an. "Ich kann den Abbruch sehr gut nachvollziehen. Vorsicht ist besser als Nachsicht", sagt der Euskirchener. Diese pragmatische Einschätzung teilen die meisten der 87.000 Rock-am-Ring-Besucher. Dave, 22, aus Dinslaken trauert zwar dem aufgefallenen Auftritt der Band Rammstein nach, hat dafür aber vollstes Verständnis: "Lieber einmal zu viel Alarm als einmal zu wenig", sagt er und hält sein Schild hoch. Darauf steht "Terror ist voll doof".

Die Sicherheitsbehörden loben anschließend ausdrücklich das besonnene und friedliche Verhalten der Besucher. Von Nervosität unter den "Ringrockern" ist nichts zu spüren. Die Stimmung vor allem beim Auftritt der Toten Hosen am Samstagabend sei so ausgelassen, wie man sie von früheren Festivals kannte. In ihrer Bilanz sprechen die Sicherheitskräfte von einem ausgesprochen friedlichen Verlauf. Die Polizei am Nürburgring registriert lediglich 13 Körperverletzungsdelikte, 36 Verkehrsunfälle mit vier Leichtverletzten und einige Dutzend Diebstähle aus Zelten, Taschen und Autos.

Nur Veranstalter Marek Lieberberg polarisiert während der Evakuierung mit einer emotionalen Rede vor Journalisten: "Ich möchte endlich mal Demos sehen, die sich gegen die Gewalttäter richten. Ich hab' bisher noch keine Moslems gesehen, die zu Zehntausenden auf die Straße gegangen sind und gesagt haben: Was macht ihr da eigentlich?" Am Sonntagabend ordnet er seine Worte noch einmal neu ein: "Angriffe auf Musikveranstaltungen und ihre Zuschauer sind Angriffe auf unsere Zivilisation und unsere Art zu leben. Alle gesellschaftlichen Kräfte - und zwar unabhängig von Nationalität, Herkunft, Religion oder Weltanschauung - sind aufgerufen, einer solchen Bedrohung eindeutig entgegenzutreten."

(tobi)
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