Das Rentenpaket im Bundestag Union nimmt Renten-Rebellen in die Pflicht

Berlin · Fraktionschef Volker Kauder fürchtet einen Imageschaden bei der Abstimmung über das Rentenpaket im Bundestag zwei Tage vor der Europawahl. Bei der umstrittenen Rente mit 63 zeichnet sich eine Stichtagsregel ab.

So funktioniert die Rente mit 63
Infos

So funktioniert die Rente mit 63

Infos
Foto: dpa

In der Union wächst wegen des Koalitionsstreits über das Rentenpaket die Nervosität. Am 23. Mai soll im Bundestag über das milliardenschwere Gesetz abgestimmt werden, das die Erhöhung der Mütterrenten und die abschlagsfreie Rente ab 63 Jahren enthält.

In der Unionsfraktion haben mehrere Dutzend Abgeordnete mit einem Nein gedroht, weil sie bei der Rente mit 63 keine Anrechnung der Zeiten der Arbeitslosigkeit akzeptieren wollen. Das wäre aus Sicht der Unionsführung ein Desaster, denn die Fraktion würde zwei Tage vor der Europawahl keine Geschlossenheit zeigen. "Jeder Kollege muss sich genau überlegen, welche Wirkung eine abweichende Stimme hat", sagte Fraktionschef Volker Kauder "Focus Online".

Union und SPD müssen ihren Streit über das Rentenpaket spätestens am Montag beigelegt haben, damit der Zeitplan eingehalten werden kann. Als zentrale Frage ist offen, wie Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Rente ab 63 angerechnet werden. Grundsätzliche Bedingung für die Rente ab 63 ist, dass die Arbeitnehmer 45 Versicherungsjahre nachweisen können. Allerdings sollen auch Arbeitnehmer in den Genuss der frühen Rente kommen, die zwischenzeitlich arbeitslos waren. So sollen bis zu fünf Jahre Arbeitslosigkeit angerechnet werden können. Kritiker sehen die Gefahr, dass sich damit eine neue Frühverrentungswelle in Gang setzt. Das Szenario: Die Arbeitnehmer könnten mit 61 oder 62 aus dem Job ausscheiden, zwei Jahre Arbeitslosengeld beziehen und dann in die abschlagsfreie Rente ab 63 gehen.

Die Union möchte dies verhindern, indem sie einen fixen Stichtag mit Inkrafttreten des Gesetzes einführt, ab dem Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht mehr angerechnet werden. Dies lehnen die Sozialdemokraten jedoch ab, weil dadurch auch Arbeitnehmer, die in den nächsten Jahren unverschuldet in Arbeitslosigkeit geraten, in geringerem Umfang von der 63er Rente profitieren würden. Als Kompromiss zeichnet sich nun ein "rollierender Stichtag" ab. Das bedeutet: Nur Zeiten der Arbeitslosigkeit, die direkt vor dem Start der Rente ab 63 liegen, dürfen nicht angerechnet werden.

Beispiel für die Regelung des "rollierenden Stichtags": Ein 62-jähriger Arbeitnehmer verfügt über 45 Versicherungsjahre. Im Laufe seines Arbeitslebens war er drei Jahre arbeitslos. Sein Arbeitgeber bietet ihm an, ihm zu kündigen und dass er ein Jahr später die Rente ab 63 in Anspruch nehmen kann. Das geht nicht, wenn das Gesetz so verabschiedet wird, wie sich der Kompromiss gerade abzeichnet. Denn der Arbeitnehmer darf dann nicht aus der Arbeitslosigkeit in die Rente ab 63 starten. Ein solcher Deal mit dem Arbeitgeber soll gerade verhindert werden. Noch ein Beispiel: Ein 60-Jähriger hat 42 Versicherungsjahre und war nie arbeitslos. Dann verliert er seinen Job, findet nach einem Jahr aber wieder Arbeit und ist bis 63 erwerbstätig. Er wird die Rente ab 63 bekommen können. Auch der rollierende Stichtag ist bei Sozialdemokraten unbeliebt, gilt aber als akzeptable Kompromisslinie.

Dennoch stehen weiterhin viele noch unabgestimmte Forderungen im Raum: Die SPD verlangt, dass Arbeitnehmer, deren Unternehmen in die Insolvenz gegangen ist, von jeder Stichtagsregelung befreit werden. Die CDU will ihrerseits eine Vereinbarung für rasche neue Regelungen für einen flexibleren Renteneintritt durchsetzen. Sie könnten ab 2015 in Kraft treten. Wer bereits das Rentenalter erreicht hat, soll demnach künftig einfacher weiterarbeiten können. Befristete Arbeitsverhältnisse für Rentner sollen auch dann möglich sein, wenn sie vor dem Renteneintritt unbefristet beschäftigt waren.

Die CSU wiederum fordert, dass auch Selbstständige von der frühen Rente profitieren können. Dafür sollen die Zeiten, in denen Selbstständige freiwillig Beiträge in die Rentenkasse gezahlt haben, für die 63er Rente einbezogen werden, auch wenn es sich nur um Mindestbeiträge handelte.

(mar, qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort