Religion: Union kritisiert Türkei

Unionspolitiker haben gefordert, die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU auf Eis zu legen. "In der Frage der Religionsfreiheit hat die Türkei in den vergangenen vier Jahren keine messbaren Fortschritte erzielt", sagte der stellvertretende Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Johannes Singhammer (CSU), unserer Zeitung. "Die Religionsfreiheit ist nicht verwirklicht worden. Die politische Schlussfolgerung daraus ist, dass keine weiteren Kapitel in den Verhandlungen mit der Türkei über einen EU-Beitritt eröffnet werden dürfen", betonte Singhammer. Dies gelte so lange, wie die Türkei keine Fortschritte bei der Religionsfreiheit erziele.

Die Unionspolitiker haben eine Sonderauswertung der Fortschrittsberichte der EU-Kommission zur Entwicklung der Türkei für die Jahre 2007 bis 2010 vorgenommen. Daraus geht beispielsweise hervor, dass weiterhin die religiöse Identität in die Pässe eingetragen wird, die Schulkinder verpflichtend an muslimischem Religionsunterricht teilnehmen müssen und der Bau und Schutz von Kirchen weiterhin schwierig ist. "Die Menschen verstehen nicht, warum in Deutschland so viele Moscheen gebaut werden dürfen, während es in der Türkei nahezu unmöglich ist, Kirchen zu errichten", sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete und Menschenrechtsspezialistin Ute Granold unserer Zeitung.

Zur Umsetzung echter Religionsfreiheit sei es wichtig, dass die religiöse Identität nicht in die Pässe eingetragen werde, forderte Granold. "Denn dies öffnet einer Diskriminierung Tür und Tor." Zudem müsse es die Möglichkeit zur Religionsausübung geben. "Für den Fall Türkei bedeutet dies, dass es für die Christen auch Kirchen geben muss", betonte Granold. Weiterhin müsse Respekt gegenüber jenen Religionsgemeinschaften herrschen, die in der Minderheit seien.

Die CDU-Politikerin fordert, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ruhen zu lassen. "Wir können kein weiteres Kapitel bei den Beitrittsverhandlungen der Türkei zur EU eröffnen, solange die Religionsfreiheit nicht gewährt wird", betonte Granold. Die Menschenrechtslage in der Türkei beschrieb sie insgesamt als "sehr schwierig".

Die offizielle Linie der Bundesregierung ist es, die Verhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei über einen Beitritt "ergebnisoffen" zu führen. Bislang sind zwölf von insgesamt 35 Verhandlungs-Kapiteln eröffnet worden. Nur eines ist abgeschlossen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der Türkei eine "privilegierte Partnerschaft" mit der EU angeboten. Dies wird in der Türkei, die eine Vollmitgliedschaft in der EU anstrebt, aber abgelehnt. Zuletzt hatte Merkel im März bei ihrem Besuch in der Türkei Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan versichert, dass die Beitrittsverhandlungen weitergehen würden. Neben der Frage von Menschenrechten gelten auch die Zypern-Frage, der Umgang mit dem Iran und die Wirtschaftskraft der Türkei als Hürden für einen Beitritt.

Während Merkel stets betont, dass die Verhandlungen mit der Türkei "ergebnisoffen" geführt werden sollten, favorisiert Außenminister Guido Westerwelle ein eine echte Perspektive für einen Beitritt.

(Rheinische Post)
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