Regionalkonferenz in Mecklenburg-Vorpommern Die CDU auf der Suche nach sich selbst
Linstow · Die CDU will sich erneuern und setzt dafür auf den Austausch mit der Basis. Im Rahmen der vierten Regionalkonferenz ging es um die eigene Standortbestimmung und die Frage, wie man zurück an die Regierung kommt.
Schlagworte wie „mutig“, „bürgerlich“ und „zuversichtlich“ erstrahlen auf der Bühne im Familienressort in Linstow in Mecklenburg-Vorpommern. Wo normalerweise Hotelgäste den Tag gemütlich ausklingen lassen, versammeln sich am Freitagabend rund 350 CDU-Mitglieder, um über die Zukunft ihrer Partei zu diskutieren. Auf der Suche nach den Grundsätzen der CDU debattieren die Mitglieder nicht nur über Ziele und Wege ihrer Partei, sondern auch über aktuelle politische Streitfragen.
Dabei ist vor allem Mitmachen gefragt. Auf dem Weg zur inhaltlichen Erneuerung hatte die CDU den Monat zum „Mitgliedermärz“ erklärt und setzt im Rahmen von vier Regionalkonferenzen, einer digitalen Mitgliederumfrage, einer Aktionswoche und weiteren Liveveranstaltungen auf den Austausch mit der Basis. Schließlich soll das aktuelle Grundsatzprogramm von 2007 im nächsten Jahr durch ein neues ersetzt werden. Das selbsterklärte Ziel: eine lebendige und attraktive Volkspartei sein.
Es sind Lehren aus den vergangenen Jahren, die an dem Abend in Linstow gezogen werden. „Was waren wir zerstritten“, erinnert sich CDU-Generalsekretär Mario Czaja an die Differenzen zwischen CDU und CSU. Die Position in der Opposition habe die Union deshalb auch selbst zu verantworten. Doch die Opposition biete auch die Chance, an einem christdemokratischen Programm zu arbeiten, sodass die Partei wieder unterscheidbar und eine echte Alternative zu der Ampel-Regierung werde.
Denn das Land brauche eine starke christliche demokratische Union, betont Czaja. Die Regierung sei „die schlechteste, die wir jemals in der Bundesrepublik Deutschland hatten“. Er kritisiert die Streitigkeiten, eine mangelnde Führung, Planlosigkeit. Deshalb wolle die CDU wieder mehr Verantwortung in Deutschland tragen, denn „da, wo die Union regiert, geht es den Menschen besser“, macht sich der Generalsekretär selbst Mut. Als Beispiel nennt er unter anderem den steigenden Druck auf die Kommunen im Hinblick auf Migration. Eine Herausforderung, die auch in der Diskussion mit den anwesenden Parteimitgliedern thematisiert wird.
Der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor aus Mecklenburg-Vorpommern etwa fordert im Hinblick auf das Asylverfahren klarere Bestimmungen. Man müsse zwischen den humanitär Schutzbedürftigen und den Fachkräften, die Deutschland brauche, differenzieren. „Da muss uns klar sein: Wir werden den Fachkräftemangel nicht durch ungesteuerte Zuwanderung in unsere sozialen Sicherungssyteme lösen können.“ Es brauche eine digitale Einwanderungsagentur, die für die Auswahl von qualifizierten Fachkräften zuständig ist, um eine Differenzierung in der Migrationspolitik gewährleisten zu können. Dafür setzt sich laut Amthor bislang aber nur die Union ein. Und auch der Forderung nach einem Flüchtlingsgipfel mit den Betroffenen sei bislang nur einer nachgekommen: Unionsfraktionschef Friedrich Merz.
Der CDU-Vorsitzende steht auch in Linstow im Mittelpunkt der Veranstaltung: Der Mann, der die CDU „aus dem Tal der Tränen geführt hat“, wie Czaja ihn lobt. Unter großem Applaus betritt Merz schließlich die Bühne. Sein Ton ist rau – gesundheitsbedingt. Doch auch seine Worte sind kritisch: „Das Wahlergebnis vom September 2021 ist doch nicht zustande gekommen, weil die anderen so gut waren, sondern weil wir nicht mehr gut genug waren.“ Umso zuversichtlicher blickt er in die Zukunft der Partei mit einem christlichen Menschenbild als Fundament, welches die CDU von anderen Parteien unterscheide. Merz will das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 daher auch nicht gegen die Bevölkerung, sondern mit den Menschen erreichen. Anstatt mit Verboten, Regulierungen und ständig neuen Gesetzen über die Köpfe der Menschen hinweg zu regieren, wie Merz es der aktuellen Regierung vorwirft, will er alle Chancen für technologische Lösungen ausschöpfen. So könne das Ziel der Klimaneutralität sogar noch vor 2045 erreicht werden, erklärt der Unionsfraktionschef zuversichtlich.
Welche Technologien das sind, bleibt an dem Abend jedoch offen. Merz macht aber deutlich: „Die Begrenzung des Klimawandels können wir nur lösen, wenn wir Menschen mitnehmen, ihnen eine Wohlstands- und Freiheitsperspektive geben und wenn wir gleichzeitig daran glauben, dass soziale Marktwirtschaft in der Lage ist, diese Herausforderung anzunehmen und zu lösen.“
Am 17. April sollen die Ergebnisse der Mitgliederumfrage öffentlich vorgestellt werden, bevor im Juni das Treffen zum Grundsatzprogramm-Konvent folgt. Danach geht es an die finale Textarbeit. Bis zur Europawahl 2024 soll schließlich feststehen, welche Schlagworte das neue Grundsatzprogramm der CDU bestimmen werden.