Düsseldorf Regierung will Unternehmen härter bestrafen

Düsseldorf · Ob die große Koalition ein eigenes Unternehmensstrafrecht einführt, ist noch nicht klar. Höhere Bußgelder sind aber wahrscheinlich.

Die große Koalition will gegen Unternehmen, die gegen Gesetze verstoßen, künftig härter vorgehen. "Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass es nicht mehr im freien Ermessen der Staatsanwälte steht, ob sie Ermittlungen gegen Unternehmen aufnehmen", erläutert Heiko Ahlbrecht, Fachanwalt für Strafrecht und Partner der Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei Wessing & Partner. Künftig seien die Strafverfolger gezwungen zu ermitteln. Ob die große Koalition jedoch plane, ein eigenes Unternehmensstrafrecht einzuführen, wie es etwa in den USA existiert, sei offen. "Aus dem Koalitionsvertrag ist nicht klar ersichtlich, ob es künftig ein eigenes Unternehmensstrafrecht geben wird", sagt Ahlbrecht.

Die Forderung nach einem Unternehmensstrafrecht war zuletzt immer wieder im Zusammenhang mit der Diesel-Affäre erhoben worden. Auch die OECD hatte Deutschland nahegelegt, die Sanktionsmöglichkeiten bei Gesetzesverstößen zu verschärfen, wie es in vielen anderen Ländern der Fall ist.

Aus Sicht von Ahlbrecht würde ein Unternehmensstrafrecht nichts bringen: "Man kann ein Unternehmen nicht auf die Anklagebank setzen." Dann würde künftig vor Gericht ein Unternehmen als juristische Person durch den Vorstandsvorsitzenden vertreten, der möglicherweise nichts mit den Vorgängen zu tun habe. Dies würde Ahlbrecht zufolge gegenüber der jetzigen Regelung keine Verbesserung bedeuten. "Auch heute schon müssen Unternehmensleiter individuell je nach Vorwurf mit Haftstrafen rechnen", so der Rechtsexperte.

Ahlbrecht, dessen Kanzlei vor allem Unternehmen zu seinen Mandanten zählt, spricht sich aber für eine Neuregelung bei der Verhängung von Geldbußen aus: "Bußgelder sollten sich künftig auch am Umsatz eines Unternehmens bemessen. Die jetzige Regelung hat viele Nachteile, es gibt keine klare Grundlage für die Bemessung von Bußgeldern." Zurzeit sei es zum Beispiel schwierig, den wirtschaftlichen Vorteil zu beziffern, der einem Unternehmen aus der Tat entstanden sei. Würden sich Bußgelder am Umsatz oder Gewinn ausrichten, könnten sie im Einzelfall künftig auch höher ausfallen als bisher.

Einen ähnlichen Vorschlag unterbreitete kürzlich auch die Anwaltskanzlei Heuking von Coelln dem Rechtsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags. Der Einführung eines originären Unternehmensstrafrechts erteilten die befragten Rechtsexperten aber ebenfalls eine Absage.

"Eine Strafe muss vorhersehbar, gerecht und spürbar sein", sagt Ahlbrecht. Dies sei bei der geltenden Rechtslage nicht immer der Fall. Es sei problematisch, dass die Verhängung von Sanktionen gegen Unternehmen sehr unterschiedlich gehandhabt werde. So werde die Höhe von Bußgeldern für Unternehmen bei einem Rechtsstreit meist im Rahmen eines größeren Pakets, eines Deals, festgelegt. Nach geltendem Recht liegt die Höchstgrenze für ein Bußgeld bei zehn Millionen Euro.

(RP)
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