Unzureichende Maßnahmen Regierung will in der Flüchtlingspolitik neue Wege gehen

Berlin · Die vielen Maßnahmen zur Versorgung und zum Schutz der Flüchtlinge reichen nicht. Bund und Länder wollen nachlegen.

Die Versorgung der Flüchtlinge und die Gegenwehr gegen rechtsradikale Hetzer ist für die Bundesregierung zu einem Wettlauf gegen die Realität geworden. Mit 800 000 Flüchtlingen, die Deutschland in diesem Jahr erwartet, kommen viel mehr hilfsbedürftige Menschen, als das normale Krisenmanagement von Bund, Ländern und Kommunen verkraften kann. Schon im Juni hatte die Kanzlerin erklärt, die Flüchtlingskrise sei nicht im "Normalmodus" zu stemmen. Seitdem haben Bund, Länder und Kommunen noch einmal richtig losgelegt mit einer Beschleunigung der Verfahren, mehr Druck auf EU-Ebene für eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge, mehr Geld für die Kommunen und einer besseren Koordinierung untereinander. Doch immer, wenn die Bundespolitik einen Schritt weiter ist, stellt man fest, dass es für den Andrang der Menschen schlicht nicht reicht.

Wie man aus dem "Normalmodus" herauskommen kann, will die Bundesregierung bis Ende September festlegen. Gestern Abend trafen sich die Spitzen der Union im Kanzleramt, um das weitere Vorgehen zu beraten. Heute tritt die Kanzlerin vor die Bundespressekonferenz. Am 6. September folgt ein Treffen der Staatskanzlei-Chefs der Länder mit Kanzleramtsminister Peter Altmaier. Dabei soll der Flüchtlingsgipfel am 24. September vorbereitet werden. Der Gipfel hat kurzfristig zum Ziel, die Versorgung der Flüchtlinge im kommenden Winter zu sichern. Langfristig soll es Entscheidungen für die finanzielle Unterstützung der Kommunen geben. Im Gespräch ist ein Fonds, aus dem die Kommunen eine bestimmte Summe pro Flüchtling erhalten. Der Fonds hat aus Sicht der Union den Charme, dass trotz zusätzlicher Milliarden-Ausgaben die Chance besteht, den Haushalt auch für 2016 ausgeglichen zu halten.

Während die Politik um Lösungen ringt, wächst die Zahl unerledigter Asylanträge trotz beschleunigter Verfahren. Und trotz Containern, Zelten und einer steigenden Zahl an Privatleuten, die Flüchtlinge aufnehmen, müssen Bürgermeister Turnhallen in Beschlag nehmen. Die Bemühungen, Menschen vom Westbalkan davon abzuhalten, als Asylbewerber nach Deutschland zu kommen, fruchten nur mühsam. Fachleute erwarten, dass auch Maßnahmen wie eine Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten sowie die Umstellung auf mehr Sachleistungen für Asylbewerber den Andrang nicht stoppen können.

Ein Flüchtlingsgipfel mit vorzeigbaren Ergebnissen erscheint nicht nur notwendig, um die Lage in den Kommunen zu verbessern. Er muss auch ein Erfolg werden um die Spaltung der Gesellschaft in eine Willkommenskultur und eine ausländerfeindliche Bewegung einzudämmen.

In Regierungskreisen heißt es, ein Fall wie Heidenau dürfe nicht noch einmal geschehen. Man wird am 24. September also auch über die Zusammenarbeit der Polizei reden müssen, für den Schutz der Flüchtlinge und die Verteidigung der Demokratie gegen Rechtsradikale.

(qua)
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