Trotz Hartz-Kritik Regierung hält an ihren Arbeitsmarkt-Plänen fest

Berlin (rpo). In einem Bericht des "Spiegel" hat sich Peter Hartz von der Umsetzung seines Konzeptes zur Arbeitsmarktreform durch die Bundesregierung enttäuscht gezeigt. Regierung und Gewerkschaften wiesen die Kritik zurück.

Die Regierung will an ihren Plänen für die Arbeitsmarktreform trotz der Kritik ihres wichtigsten Beraters Peter Hartz unverändert festhalten. Regierungssprecher Hans-Hermann Langguth sagte am Montag in Berlin, die Regierung stehe im ständigen Dialog mit Hartz und verstehe dessen jüngste Äußerungen nicht als Kritik an der Umsetzung seines Konzepts. Die Diskussionen seien eher "produktiv". Das Konzept werde nicht verwässert und weitmöglichst umgesetzt - es müsse aber im Bundestag zustimmungsfähig sein.

Auch die Gewerkschaften wiesen Hartz' Vorwürfe zurück. Dieser hatte sich im Magazin "Der Spiegel" von den rot-grünen Gesetzesplänen auf Basis der von ihm geleiteten Kommission distanziert. In dem Entwurf fehlten wichtige Teile seiner Vorschläge, und er werde daher sein Ziel verfehlen, bemängelte der VW-Manager. Im Zusammenhang mit den geplanten Personal-Service-Agenturen kritisierte Hartz vor allem die Gewerkschaften, die den Tariflohn für alle durchgesetzt und niedrigere Löhne für Leiharbeiter verhindert hätten. "Dann kann die Leiharbeit in großem Umfang nicht funktionieren."

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wies in der "Berliner Zeitung" (Montag) darauf hin, dass bisher nur das erste von vier notwendigen Gesetzespaketen auf den Weg gebracht worden sei. Es soll an diesem Freitag im Bundesrat beraten werden. "Wenn das Gesamtwerk steht, bin ich zuversichtlich, dass wir damit die Arbeitslosigkeit in Deutschland deutlich und drastisch herunterbringen werden", sagte Clement. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit sei keineswegs ein Handicap. Wichtig sei, dass es die Möglichkeit abweichender Tarifvereinbarungen gebe.

Nach den Worten von SPD-Fraktionschef Franz Müntefering soll von den Vorschlägen der Kommission unverändert so viel wie möglich realisiert werden. Im DeutschlandRadio Berlin sagte Müntefering, es gehe um eine Realisierungsphase bis zum Jahre 2004. "Bis dahin wollen wir so viel wie möglich in Bewegung setzen."

Grünen-Parteichef Fritz Kuhn sagte nach der Sitzung von Vorstand und Parteirat, die Regierungspläne müssten sich jetzt in der Praxis erweisen. Gegebenenfalls müsse dann über weitere Reformen gesprochen werden. "Aber ich glaube, dass das Gesamtpaket Hartz jetzt schon eine Chance für einen Aufbruch auf dem Arbeitsmarkt ermöglicht."

DGB-Chef Michael Sommer sagte der "Bild"-Zeitung (Montag), Hartz dürfe den eigenen Erfolg nicht kaputt reden. "Wir haben die Reform nicht verwässert. Das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist eine schlichte Selbstverständlichkeit."

Das Präsidium des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) appellierte an die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen, umgehend Konsequenzen aus der wirtschaftlich schlechten Lage des Landes zu ziehen. Der BDI wies auf ein von Industriellen und Wissenschaftlern erarbeitetes Konzept "Für ein attraktives Deutschland" hin, das bereits 1998 mit Perspektiven bis zum Jahr 2010 erstellt worden sei.

Die Dringlichkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen sei höher denn je. "Es ist möglich, die Arbeitslosenzahlen drastisch zu reduzieren, wenn die Arbeitsmärkte liberalisiert, Steuern und Abgaben gesenkt und die Anreize zu arbeiten verstärkt werden", unterstrich das BDI-Präsidium. Es sei auch möglich, den Staatshaushalt zu sanieren, wenn die Notwendigkeit sozialer Unterstützung abnimmt, die Effizienz von Arbeitsvermittlung und Weiterbildung wachse und wieder mehr Menschen aus eigener Kraft ihr Brot verdienen könnten.

FDP-Vize Rainer Brüderle stellte sich hinter die kritischen Äußerungen von Hartz. Diese seien ein letzter Appell an die Bundesregierung zur Umkehr.

(RPO Archiv)
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