Kritik aus der Opposition Regierung bei Laufzeitverlängerung uneins

Berlin (RPO). Der Streit um die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken geht weiter. Während Wirtschaftsminister Brüderle sagte, eine Verlängerung von zwölf bis 20 Jahren brächte den größten Nutzen, relativierte Umweltminister Röttgen die Bedeutung der Verlängerungen.

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Foto: ddp

In einem wissenschaftlichen Gutachten hatten Gutachter dreier Institute Pfade in die Energiewirtschaft der Zukunft beschrieben. Analysiert wurden dabei auch die Kosten, die durch einen Atomausstieg im Jahr 2022 entstehen und bei Laufzeitverlängerungen zwischen 4 und 28 Jahren.

Bundeswirtschaftsminister Brüderle sagte, das wichtigste Ergebnis der Gutachtens sei: "Der Weg in das regenerative Zeitalter ist möglich und auch gangbar." Allerdings müsse dazu das Energiekonzept grundlegend umgebaut werden. Eine Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke stehe dem Ausbau der erneuerbaren Energien nicht entgegen, sondern helfe dabei, sagte der FDP-Politiker.

Verlängerung von 12 bis 20 Jahren

"Insgesamt ist der größte volkswirtschaftliche Nutzen bei einer Laufzeitverlängerung zwischen zwölf und 20 Jahren am größten", sagte Brüderle. Das Gutachten habe ergeben, dass eine Verlängerung um zwölf bis 20 Jahre auch die größeren Einsparungen bei den Treibhausgasen und einen erheblich niedrigen Strompreis garantierten.

Bundesumweltminister Röttgen betonte dagegen, dass das Gutachten keine Aussagen zu den volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Analysen mache. Vielmehr zeige die Berechnung der Szenarien über eine angenommene Verlängerung der Laufzeiten von vier, zwölf, 20 und 28 Jahren, dass die Unterschiede auf Strompreis, Versorgungssicherheit und das Erreichen der Klimaschutzziele minimal seien.

Beim Preis sei eine maximale Differenz des privat genutzten Stroms von 1,8 Cents pro Kilowattstunde errechnet worden. Angesichts des Prognose-Zeitraums von 40 Jahren sei dies unerheblich, weil allein in den vergangenen beiden Jahren der Börsenpreis für Strom um mehrere Cents schwankte.

"Marginale Bedeutung"

Außerdem sagte Röttgen, bei allen untersuchten Laufzeitverlängerungen würden die Ziele der Bundesregierung erreicht, nämlich eine umweltschonende, sichere und bezahlbare Energieversorgung. So gesehen habe die "Laufzeitverlängerung allenfalls marginale Bedeutung". Der CDU-Politiker wies darauf hin, dass Strom nur ein Drittel des Energieverbrauchs ausmacht. 40 Prozent entfielen auf die Gebäude und 20 Prozent auf den Verkehr. "Wir müssen ran an die Effizienz", sagte der Umweltminister.

Röttgen erklärte, die Gutachter hätten bei ihren Berechnungen unterstellt, dass es die Infrastruktur für den Ausbau der erneuerbaren Energien bereits gebe. Aber es fehlten sowohl geeignete Netze als auch die Speicherkapazität. Da könne die Regierung nicht einfach beschließen, nur noch regenerative Energieträger einzusetzen, sagte der CDU-Politiker.

Kritik aus der Opposition

Unterdessen kritisiert die Opposition die Pläne der Regierung zur Laufzeitverlängerung der Atommeiler. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte "Spiegel Online": "Das ist Frustpolitik gegen die Wähler." Eine große Mehrheit der Bevölkerung wolle keine Verlängerung der Laufzeiten, zudem sei die Endlagerung des Atommülls noch immer nicht gelöst.

"Das missachtet die Bundesregierung und schachert stattdessen mit den Energiekonzernen, wie viel wer von den Milliardengewinnen einsteckt", sagte Kraft. "Die Zeche zahlen die Bürgerinnen und Bürger erfahrungsgemäß immer über ihre Stromrechnung."

Merkel hatte am Wochenende für eine Laufzeitverlängerung um mindestens zehn Jahre plädiert. Aus fachlicher Sicht seien 10 bis 15 Jahre vernünftig, sagte sie.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, Merkel habe lediglich zum Ausdruck gebracht, wie sie die Empfehlungen der Gutachter zu möglichen Energieszenarien inhaltlich lese. In die abschließende Entscheidung flössen weitere Überlegungen ein - etwa Sicherheits- und verfassungsrechtliche Fragen. Dem Energiekonzept, das die Koalition bis Ende September erarbeite, sei nicht vorzugreifen.

Das Energiekonzept soll am 28. September im Bundeskabinett verabschiedet werden. Das wissenschaftliche Gutachten bildet die Grundlage dafür. Die Szenarien wurde berechnet vom prognos-Institut Basel, vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität Köln und von der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung Münster.

(apd/ddp/rtr/bs)
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