Zwickel nennt Reformpläne unausgewogen Reformpläne: Gewerkschafts-Kritik - Lob von Union

Berlin (rpo). Bundeskanzler Gerhard Schröder sieht sich bei seinen Reformplänen einer kuriosen Situation gegenüber: Von den Gewerkschaften hagelt es Kritik, von der Union wird er - wenn auch verhalten - gelobt.

Vor einem Treffen von SPD-Gewerkschaftern mit dem Kanzler und dem Parteipräsidium sagte IG-BAU-Chef Klaus Wiesehügel am Dienstag im ZDF, Schröders "Linie ist falsch". Der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel nannte die Reformvorhaben ungerecht und unausgewogen.

Vor dem Treffen des Gewerkschaftsrats hatte sich DGB-Chef Michael Sommer bereits mehrfach äußerst kritisch zu den Reformplänen geäußert. Schröder hatte am Montag bekräftigt, er lasse über Details der Reformen mit sich reden, nicht aber über die Linie.

"Es gibt keine Arbeit"

Wiesehügel kritisierte vor allem die mögliche Kürzung der Sozialhilfe für Arbeitsfähige. Wenn ein Bauarbeiter über 55 Jahre nicht arbeite, dann "hat das nichts mit Faulheit zu tun", meinte der SPD-Politiker. "Es gibt keine Arbeit." Wiesehügel bestritt, dass die Gewerkschaften die Bundesregierung in Gefahr bringen wollten.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt, wandte sich im NDR dagegen, das Arbeitslosengeld auf Sozialhilfeniveau abzusenken. Kompromissbereitschaft ließ Schmoldt beim Krankengeld erkennen. Es müsse bei den Krankenkassen verbleiben. Aber "wie man die Finanzierung des Krankengelds künftig darstellt, darüber muss man reden."

"Ja zu Reformen - Nein zu einem Systemwechsel"

Zwickel erklärte im Deutschlandfunk: "Wir sagen Ja zu Reformen, aber wir sagen eindeutig Nein zu einem Systemwechsel." Einschnitte dürften nicht nur bei Arbeitnehmern, Arbeitslosen und Kranken vorgenommen werden. Der Stuttgarter IG-Metall-Bezirksleiter Berthold Huber, der als Nachfolger von Zwickel gehandelt wird, will die Gewerkschaften von ihrem Blockierer-Image befreien. Sie müssten einen besseren Blick für die Realitäten entwickeln und ihre "Konzeptionsdefizite" überwinden, sagte Huber dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochausgabe).

Der bayerische DGB-Chef Fritz Schösser wandte sich eindeutig gegen die Herausnahme des Krankengelds aus der paritätischen Finanzierung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Schösser warf Schröder im Bayerischen Rundfunk vor, mit einigen seiner geplanten Maßnahmen nur der Psyche der Unternehmer etwas Gutes tun zu wollen. Dies sei aber "absolut kontraproduktiv".

"Der Kurs der Regierung ist richtig"

Rudolf Hickel, Leiter des Bremer Instituts für europäische Wirtschaft, sagte den "Lübecker Nachrichten", Schröders geplante Reformen brächten deutlichen Sozialabbau, aber keine Jobs. Besser wäre ein staatliches Konjunkturprogramm.

Unions-Fraktions-Vize Friedrich Merz sagte im Deutschlandradio, der Bundesregierung fehle bei ihrer Reformpolitik ein Konzept. Der Bevölkerung müsse die Dringlichkeit der Maßnahmen erklärt werden. Merz stellte sich allerdings hinter das Ziel, die Sozialabgaben zu senken. Bei den Sozialkürzungen für Arbeitsfähige sei "der Kurs der Regierung richtig", meinte Merz.

Der SPD-Wirtschaftsexperte Rainer Wend erklärte im NDR, es gebe keine Alternative zu Reformen. Jeder müsse sich gut überlegen, ob er sie blockieren wolle. "Und an die Gewerkschaften ist natürlich die Frage gestellt, welche Regierung soll für sie die Alternative sein, und da vermag ich nicht zu erkennen, dass darauf eine Antwort gegeben wird."

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