Ausländerfeindlichkeit: Politiker haben Vorbildfunktion Rechte Gewitterwolken vertreiben

Berlin (AP). Der Rechtsextremismus in Deutschland hat die Parteien im Bundestag im Kampf gegen eine "braune Gefahr" bestärkt. Ungeachtet politischer Streitigkeiten haben CDU/CSU, FDP und PDS am Donnerstag die Bereitschaft bekundet, mit der rot-grünen Bundesregierung die rechten Gewitterwolken über der Berliner Republik zu vertreiben.

Dies ist nach Schilderung von Niedersachsens Innenministers Heiner Bartling dringend nötig. Rechtsextremisten "treten frecher, gewaltbereiter und brutaler auf", sagte der SPD-Politiker. In der Debatte im Reichstagsgebäude kam die erschreckende Erkenntnis, dass Ausländerfeindlichkeit in der Gesellschaft immer mehr akzeptiert werde. In der Republik gebe es bereits 9000 Gewaltbreite sowie 51.000 Männer und Frauen, die dem "rechten Potenzial" zuzurechnen seien, berichtete der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach. Cem Özdemir von Bündnis 90/Die Grünen warnte eindringlich davor, über Türken-Witze zu lachen. Danach kämen nämlich wieder die Judenwitze. Der Rassismus habe viele Gesichter. In der Abwehr müssten Politiker selbst Vorbild sein. So sollte im Wahlkampf keine Politik auf dem Rücken von Minderheiten betrieben werden.

Langer Atem gegen Antisemitismus

Nicht die Reden der Politiker, sondern deren Taten und die jedes Bürgers könnten die Demokratie schützen, wurde bekräftigt. Verbote von NPD und anderer Gruppen könnten nicht beseitigen, "was sich an neonazistischem, antisemitischem und faschistischem Unrat in den Köpfen eingenistet hat", meinte Bundesinnenminister Otto Schily.

Wie ihm ist es auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein ein Gräuel, sich weiterhin NPD-Paraden durch das Brandenburger Tor vorzustellen. Ebenso abträglich wären dem deutschen Ansehen Demonstrationen vor einem Holocaust-Mahnmal in der Hauptstadt.

In der Sorge und Angst, dass Rechtsradikale und Rassisten in Deutschland immer schlagkräftiger werden könnten, wollen die Politiker das Übel an der Wurzel packen. Die Erziehung zur Demokratie müsse in der Schule intensiviert werden. Auch der Sportunterricht sei sehr wichtig. Sport solle Deutsche und Ausländer verbinden. Außerdem könnten Jugendliche durch Sport vor extremistischen Dummheiten bewahrt werden.

Die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke sieht den Rechtsextremismus bereits in "der Mitte der Gesellschaft". Sie kritisierte "fremdenfeindliche Sprüche" von Politikern wie etwa den Slogan "Kinder statt Inder". Zur Abwehr verlangte Jelpke die Finanzierung eines sofortigen Aufklärungsprogramms etwa unter dem Motto: "Mach meinen Kumpel nicht an". Schüler seien durch ein Preisausschreiben für die Thematik zu interessieren. Die Losung könne sein: "Weg mit dem Nazi-Dreck". Ihre Forderung bekräftigte die Abgeordnete: "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Und danach sollten wir handeln."

Nach gutem Rat nun zur Tat

Ihre guten Ratschläge wollen die Volksvertreter nun im eigenen Wahlkreis umsetzen. "Ein Verbot der NPD löst die Probleme gegen Rechtsextremismus nicht", sagte auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Kerstin Müller."Wir müssen gegen die Vergiftung in den Köpfen und Herzen der Menschen angehen", sagt sie. Das Wie wurde aber nicht erklärt.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse erwies sich im Parlament erneut als sachkundiger Mahner gegen die Gefahr von Rechts. Rechtsextremismus breite sich in der Gesellschaft insgesamt aus. "Es geht nicht um ein ostdeutsches Problem, aber das Problem hat ein ostdeutsches Gesicht." Unterdessen erhielt der SPD-Politiker für sein Engagement um Toleranz und Menschlichkeit den Ignatz-Bubis-Preis der jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main zugesprochen.

(RPO Archiv)
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