Pisa-Studie erschüttert Deutschland Rau sagt Dummheit den Kampf an

Berlin (rpo). Bundespräsident Johannes Rau sagt der Dummheit den Kampf an. Nach dem miserablen Abschneiden der deutschen Schüler bei der internationalen "Pisa"-Studie müsse die Bildungspolitik absoluten Vorrang erhalten.

Bildung müsse "wieder auf die Tagesordnung, und zwar ganz oben und nicht nur auf die Tagesordnung derer, die reden und schreiben, sondern auch derer, die entscheiden und handeln", sagte Rau am Donnerstag nach einem vorab verbreiteten Redemanuskript beim Abschlusskongress des Forums Bildung in Berlin.

Bildung sei zu lange vernachlässigt worden. Sie gehe aber nicht nur Bildungspolitiker an. "Bildung ist so wichtig, dass sie alle politisch Verantwortlichen angeht." In seiner bildungspolitischen Grundsatzrede forderte Rau grundlegende Reformen, die bereits im Kindergarten beginnen müssten. Die Grundschulen müssten gestärkt und die Lehrer unterstützt werden. Deutschland brauche auch mehr Hochschulabsolventen. "Heute stehen wir vor der Aufgabe, eine neue Bildungsreform zu beginnen. Qualitativ und quantitativ", sagte Rau, der in den 70er Jahren Wissenschaftsminister in Nordrhein-Westfalen war. Jetzt müsse die konkrete Arbeit beginnen. "Geredet und geschrieben ist genug."

Die im internationalen Vergleich schlechte Ausstattung der Grundschulen bezeichnete Rau als ein massives Problem. "Sie ist nach meinem Eindruck auch eine der entscheidenden Ursachen für die gravierenden Defizite bei der Kompetenz älterer Schüler, die die "Pisa"-Studie zu Tage gefördert hat." Erfolge deutscher Spitzenwissenschaftler dürften nicht darüber hinwegtäuschen, "dass wir die Elementar- und Grundschulbildung offenbar seit Jahrzehnten vernachlässigen".

Grundfertigkeiten vermitteln

Dies fange schon im Kindergarten an. In Deutschland kämen im Elementarbereich auf jede Lehrkraft rund 24 Kinder. Nur in Korea in Mexiko seien es noch mehr. "Das muss sich dringend ändern." Die Faustregel "Je kleiner die Kinder, desto größer die Klasse" dürfe nicht länger gelten. Bildung müsse auch Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen vermitteln. "Vor allem geht es aber darum, die Lust am Lernen zu fördern."

Rau kritisierte den geringen Frauenanteil in Spitzenpositionen. Die Arbeitswelt werde "oben" immer männlicher. Einer der Gründe liege in einer unzureichenden Schulpolitik. Familie und Beruf müssten besser in Einklang gebracht und die Eltern mehr unterstützt werden. "Darum brauchen wir mehr Ganztagsschulen in allen Schulformen."

Rau trat zugleich für eine breite Allgemeinbildung ein. "Wir brauchen nicht nur Fakten, nicht nur quantifizierbares Wissen, wir brauchen in unseren Bildungsstätten auch die Auseinandersetzung mit solchen Fragen und Maßstäben." Die Bildungsdiskussion sei nach wie vor auf die Erstausbildung fixiert. Weiterbildung bedeute jedoch nicht nur das Erlernen neuer technologischer Verfahren, sondern müsse auch Menschen die Gelegenheit geben, Bildungsabschlüsse nachzuholen. "Da wird sich viel ändern müssen, nicht nur in unserem Bildungswesen." Auch die Regelungen auf dem Arbeitsmarkt und in den Sozialsystemen müssten überprüft werden. (Achtung: Sie erhalten bis 15.00 Uhr eine Gesamtzusammenfassung sowie

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort