Putin: Noch kein Durchbruch Raketenabwehr: Bush schließt Alleingang nicht aus

Rom/Moskau (rpo). In puncto Raketenabwehr machen die USA erneut Druck. Präsident George W. Bush schloss am Montag vor der Presse in Rom einen Alleingang nicht aus, wenn eine Einigung zu lange auf sich warten lasse. Priorität habe aber eine Verständigung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Russland betonte unterdessen sein Festhalten am ABM-Vertrag über die Begrenzung von Raketenabwehrsystemen.

"Ich möchte eine Einigung eher früher als später," sagte Bush während seines Staatsbesuches in Italien. Seine Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice unterstrich, die nächsten Monate würden entscheidend sein. Die USA setzten zwar keine Frist, hätten aber sehr klar gemacht, dass der ABM-Vertrag äußerst hinderlich für ein Raketenabwehr-Testprogramm sei und praktisch alle Versuche mit auf Schiffen und Flugzeugen gestützten Systemen ausschließe. "Wir wollen nicht in die Lage kommen, ständig der Verletzungen des Vertrages beschuldigt zu werden."

Rice meinte, Putin beginne zu verstehen, dass es sich nur um ein begrenztes Abwehrsystem gegen bestimmte Gefahren handele und Russland nicht bedroht sei. Auch die Europäer kämen mehr und mehr zu der Einsicht, dass eine Raketenabwehr als Teil einer umfassenden Strategie in Betracht gezogen werden müsse. Sie verwies auf den britischen Premierminister Tony Blair und den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, der am Montag in einer gemeinsamen Erklärung mit Bush Verhandlungen über defensive und offensive Waffen unterstützte.

Berlusconi stellte sich am Montag klar hinter die amerikanischen Raketenabwehrpläne. Nach einem Essen mit US-Präsident George W. Bush in Rom sagte Berlusconi auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, Rom werde in dieser Frage immer an der Seite Washingtons stehen. Manche europäische Staaten hätten seiner Ansicht nach noch nicht begriffen, dass sich die Welt verändert habe, betonte Berlusconi. Russland forderte er auf, den Widerstand gegen das US-Rüstungsprojekt aufzugeben.

Das nächste Treffen Putins mit Bush ist für den Herbst auf der texanischen Ranch des Präsidenten geplant. Ein genauer Termin stehe noch nicht fest, sagte Sicherheitsberaterin Rice, die an diesem Dienstag zu Unterredungen über die Abrüstungskonsultationen nach Moskau reist.

In der russischen Hauptstadt sagte Putin am Montag vor Regierungsmitgliedern, das Gespräch mit Bush über Rüstungskontrolle am Rande des G-8-Gipfels in Genua sei zwar ein großer Schritt nach vorn, aber kein Durchbruch gewesen. Vertreter des Kremls widersprachen Presseberichten, Putin habe den USA bei dem Treffen am Sonntag faktisch das Ausscheiden aus dem 1972 geschlossenen Vertrag zugestanden. "Beide Seiten haben bekräftigt, dass sie am ABM-Vertrag festhalten", sagte Putin zu den Gipfelergebnissen nach Angaben der Agentur Interfax. "Russland und die USA sind sich einig, dass sie an deutlichen Fortschritten beim Abbau strategischer Angriffswaffen interessiert sind."

In einer gemeinsamen Erklärung in Genua gestand Putin Bush zu, dass es in der Welt tatsächlich "bedeutsame Veränderungen" gebe, auf die eine Antwort notwendig sei. Die Moskauer Zeitung "Kommersant" wie auch andere Blätter deuteten dies als Ende des monatelangen russischen Widerstandes gegen die amerikanischen Raketenpläne: "Russland hat sich ergeben."

Die beiden Präsidenten vereinbarten, bei künftigen Verhandlungen über die "Sicherheitsarchitektur des 21. Jahrhunderts" über Angriffs- und Abwehrwaffen zugleich zu sprechen. Eventuell werde dieser Dialog eine Reaktion auf die amerikanischen Raketenabwehrpläne unnötig machen, hatte Putin in Genua erklärt.

(RPO Archiv)
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