Kommentar Putin bleibt sich treu

So viel ist nach den deutsch-russischen Konsultationen klar: Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kann aus dem autoritären russischen Machthaber Wladimir Putin keinen lupenreinen Demokraten machen. Putins Verständnis von Freiheit ist das einer Abwesenheit von Unruhe. Der Russe hält eine kritische Zivilgesellschaft für überflüssiges Gedöns. Dass hat Putin in Moskau mal wieder mehr als deutlich gemacht. Dass dem russischen Staat eine freiheitliche Diskussionskultur den Weg zu Fortschritt und Innovation ermöglichen könnte und Russland sich so vielleicht erst dem Ziel einer wirklichen Supermacht nähern könnte, ist dem Mann im Kreml als Argumentation fremd. Ganz zu schweigen davon, dass reihenweise autoritäre Staatschefs in jüngster Zeit erlebt haben, dass der Modernisierungsdruck der Gesellschaft auf Dauer ohnehin nicht zu stoppen ist.

Doch Putin will die Chance nicht ergreifen. Und Merkel hat sich entschieden, dies zu akzeptieren. Sie lässt es bei sanft vorgetragenem Unverständnis, entgegnet nicht einmal einer offensichtlichen Lüge des Präsidenten in Bezug auf die Punkband Pussy Riot und kümmert sich stattdessen lieber um handfeste Verbesserungen in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten will Merkel diesen Teil der deutsch-russischen Beziehungen anscheinend nicht vergessen. In gewisser Weise wird Kanzlerin Merkel ihrem Vorgänger Gerhard Schröder immer ähnlicher: Real- statt Moralpolitik.

Michael Bröcker

(RP)
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