Proteste gegen Castor-Zug jetzt auch in Frankreich

Valognes "Atommüll – eine Sackgasse" prangt auf einem der Transparente vor dem Verladebahnhof Valognes. Die kleine nordwestfranzösische Stadt glich gestern einer Festung: Die Zufahrten waren abgeriegelt, Schulen geschlossen, Passagierzüge in Richtung Paris fielen aus. Am Himmel kreisten Hubschrauber, Hunderte von Sicherheitskräften waren im Einsatz.

Sie sicherten den jüngsten Castor-Transport mit hochradioaktivem deutschen Atommüll. Sein Ziel: das 1200 Kilometer entfernte niedersächsische Zwischenlager Gorleben.

Bisher liefen solche Transporte in Frankreich ohne größere Zwischenfälle ab. Doch diesmal kam es bereits vor dem Start kurz vor 16 Uhr zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei. Obwohl die Bahnstrecke teilweise mit Eisenstangen abgeriegelt und der Zugang im Umkreis von 500 Metern verboten war, hatten es Kernkraftgegner geschafft, die Gleise zu besetzen, um die Abfahrt des Zugs mit den elf Castor-Behältern zu verzögern. Es gelang ihnen zudem, ein Gleis zu beschädigen. Die Polizei setzte Tränengas ein und nahm mehrere Menschen fest.

Dass der Widerstand gegen den strahlenden Müll diesmal nicht nur auf der deutschen Seite, sondern auch jenseits der Grenze spielt, ist neu, herrscht in Frankreich doch seit fast einem halben Jahrhundert eine fast parteiübergreifende Einigkeit über die Atomenergie. Drei Viertel seines Stroms bezieht das Nachbarland aus seinen 58 Reaktoren. Doch nach der Katastrophe im japanischen Fukushima und dem deutschen Atomausstieg bröckelt auch der französische Konsens. Erstmals wird im Nuklear-Land öffentlich über das Für und Wider des in den 60er Jahren eingeschlagenen Atomkurses diskutiert.

Unterdessen hat der Verdacht auf einen Sprengkörper an der Castor-Strecke auch die deutsche Polizei auf Trab gehalten. Bei Routinekontrollen in Quickborn (Kreis Lüchow-Dannenberg) wurde im Ortskern ein Pappkarton mit der Aufschrift "Peng!" entdeckt. Mehrere Häuser mussten evakuiert werden. Es handelte sich aber um eine Attrappe.

(RP)
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