Düsseldorf Pro Jahr werden 25 Kirchen geschlossen

Düsseldorf · Die Gebäude werden von der Kirche aus Kostengründen nicht mehr als Gotteshäuser genutzt, haben aber häufig eine andere Verwendung - etwa als Kindergarten oder Sporthalle.

In Nordrhein-Westfalen sind seit der Jahrtausendwende mindestens 453 katholische und evangelische Kirchen, Kapellen und Gemeindehäuser geschlossen worden - im Schnitt 25 pro Jahr. Das ergab eine Umfrage unserer Redaktion in den fünf Bistümern und Erzbistümern sowie bei der Evangelischen Kirche im Rheinland. Im Erzbistum Köln wurden in dem Zeitraum 28 Gotteshäuser außer Dienst gestellt. Im Bistum Aachen mussten 41 Kirchen geschlossen werden; im Erzbistum Paderborn 23; im Ruhrbistum Essen 105. Im Bistum Münster wurden 53 Kirchen profaniert, allein vier davon in Kamp-Lintfort. In keiner anderen Stadt des Bistums Münster waren es mehr. Auffällig dabei: Vor dem Jahr 2000 gab es dort lediglich drei Profanierungen - davon eine 1920 in Dorsten. Viele Entwidmungen fanden auch bei der Evangelischen Kirche im Rheinland statt. Dort wurden 203 Gebäude, die für Gottesdienste genutzt wurden, seit dem Jahr 2000 geschlossen.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sieht keine Alternative zur Aufgabe von Kirchengebäuden. Die Kirche stehe vor großen Herausforderungen und werde sich angesichts schrumpfender finanzieller Spielräume von Immobilien trennen müssen, so Woelki. Als Orte "steingewordenen Glaubens" bestehe eine große Verantwortung für die Kirchengebäude. Aber die Kosten müssten berücksichtigt werden.

Die Gründe für die Schließungen sind vor allem fehlendes Geld, zu wenige Gläubige und Priestermangel. So hat sich allein im Bistum Essen die Zahl der Katholiken seit der Gründung vor 60 Jahren halbiert. "Zudem reichen die zur Verfügung stehenden Kirchensteuermittel nicht aus, auf Dauer die Instandhaltung der Gebäude zu sichern", sagt Bistumssprecher Ulrich Lota. Auch aus Sicht des Bistums Münster seien die Kirchengebäude selbst das Problem, da diese heutzutage viel zu groß seien für die wenigen Gläubigen, sagt Anke Lucht vom Bischöflichen Generalvikariat Münster. Ein verändertes Mobilitätsverhalten und andere Lebensumstände hätten außerdem dazu beigetragen, dass manche Kirchen nicht mehr für Gottesdienste benötigt werden. Die formale Entscheidung für eine Profanierung treffe immer der Bischof. "Ihr geht aber ein ausführlicher Abstimmungsprozess mit den Verantwortlichen und Gremien vor Ort voraus."

Für viele Menschen sind Kirchen Orte, mit denen sie wichtige Lebensereignisse verbinden: die Taufe eines Kindes, Hochzeit, die Beerdigung der Eltern oder anderer Angehöriger. "Wird eine Kirche geschlossen, bedeutet das für die Betroffenen Traurigkeit und Verlustgefühle, die gut begleitet werden müssen", betont Claudia Nieser vom Erzbischöfliches Generalvikariat Paderborn. Selbst Menschen, die keinen direkten Bezug mehr zur Kirche haben, erlebten eine Kirchenschließung oft als Verlust.

Jeder Abschied von einer Kirche erzeuge deshalb auch Enttäuschung, Trauer oder gar Wut. Das sei nur zu verständlich, sagt Lota. Doch es wachse auch vielerorts die Einsicht, dass der Gebäudebestand mit Blick auf die Entwicklung der Katholikenzahlen und der finanziellen Möglichkeiten nicht zu halten sein werde. "Auf jeden Fall bleibt es dabei: Der Abriss einer Kirche ist die ultima ratio", so Lota.

Nicht alle Kirchen werden nach der Schließung abgerissen. Viele werden als Kindergärten, Büros, Verlagshäuser, Sporthallen, Wohnungen, Jugendzentren, Kitas und Ateliers weiter genutzt. "Bei uns in Köln haben 14 Kirchen inzwischen eine andere Funktion", so ein Sprecher des Erzbistums Köln.

(csh)
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