Berlin Präsidenten-Treffen: "Könige ohne Macht" kommen nach Erfurt

Berlin · Sie haben keine Kronen und keine staatliche Macht - die repräsentativen Staatsoberhäupter. Männer und Frauen, die verfassungsrechtlich in einer ähnlichen Position sind wie Bundespräsident Joachim Gauck, treffen sich am 21. und 22. September in Erfurt auf der symbolträchtigen Wartburg.

Von diesen nicht-exekutiven Staatsoberhäuptern gibt es mehr als ein Dutzend in Europa. Zehn von ihnen hat Gauck zum gemeinsamen Treffen der sogenannten Arraiolos-Gruppe eingeladen. Arraiolos ist eine Kleinstadt in Portugal, die für ihr Wollteppichhandwerk bekannt ist. 2003 rief der portugiesische Präsident die jährlichen Treffen der Staatsoberhäupter ins Leben. Arraiolos war der erste Ort der Zusammenkunft.

Inhaltlich steht beim kommenden Treffen der "Zusammenhalt Europas" auf dem Programm. Dabei wird es auch um die Flüchtlingsfrage gehen. Eine gemeinsame deutliche Stellungnahme der Staatsoberhäupter, beispielsweise für mehr europäische Solidarität bei der Aufnahme der Flüchtlinge, wäre aber eine Überraschung. Alle Teilnehmer müssten ja ihren "verfassungsrechtlichen Rahmen" einhalten, wie es aus dem Präsidialamt hieß.

Ursprünglich waren es nur sieben Präsidenten, die das Bedürfnis hatten, zwei Tage lang informell miteinander zu reden. Mit Gauck werden es in diesem Jahr elf sein. Der deutsche Präsident hat erstmals auch seine Amtskollegin aus Malta eingeladen. Außerdem kommen die Staatsoberhäupter von Bulgarien, Estland, Finnland, Italien, Lettland, Polen, Portugal, Österreich und Slowenien. Der lettische Präsident ist der einzige, den Gauck noch nicht persönlich kennt. Die beiden werden vor dem Start des gemeinsamen Programms bilateral zusammenkommen.

In der Luther-Dekade hat das Präsidialamt das Treffen bewusst nach Erfurt gelegt. Die Staatsoberhäupter kommen an dem Ort zusammen, an dem Luther die Bibel übersetzt hat.

Und noch eine Besonderheit hat Thüringen für den Bundespräsidenten zu bieten: Gauck wird auch erstmals persönlich den thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow von der Linkspartei treffen. In der Frage, ob die Linkspartei einen Ministerpräsidenten stellen sollte, war Gauck von seiner präsidialen Zurückhaltung abgerückt, wofür er insbesondere von der Linken harsche Kritik erhielt. Möglicherweise ist Thüringen ja doch ein guter Ort für Gauck, um auch in der Flüchtlingsfrage deutliche Worte zu finden. Die Worte sind die einzigen Instrumente zur Einflussnahme der nicht-exekutiven Staatsoberhäupter.

(qua)
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