Polizei stellt Täter von Toulouse

Einen Nervenkrieg lieferte sich eine Spezialeinheit mit dem mutmaßlichen Serienmörder, der im Süden Frankreichs sieben Menschen tötete. Der Al-Qaida-Aktivist verschanzte sich zuletzt in einem Mehrfamilienhaus in Toulouse.

Toulouse (RP) Die französische Polizei hat zwei Tage nach dem Attentat auf eine jüdische Schule in Toulouse den mutmaßlichen Täter aufgespürt. Auch nach einer stundenlangen Belagerung eines Mehrfamilienhauses in der südfranzösischen Stadt dauerte am Abend die Konfrontation mit dem 24-Jährigen an. Der Täter, Mohamed Merah, handelte nach eigenem Bekunden im Namen des radikal-islamischen Terrornetzwerks al Qaida. Merah habe "Bedingungen für seine Kapitulation" gestellt, sagte Innenminister Claude Guéant. Die Polizei sei angewiesen worden, den Verdächtigen lebend zu fassen, "um ihn vor Gericht zu stellen, damit der Gerechtigkeit Genüge getan wird".

Am Morgen waren beim Schusswechsel zwischen dem Islamisten und der Polizei zwei Beamte verletzt worden. Nach Angaben der Behörden gab der Franzose algerischer Herkunft Auslandseinsätze der französischen Armee und Rache für den Tod palästinensischer Kinder als Motiv für seine Taten an. Dem Mann wird vorgeworfen, für ein Attentat am Montag verantwortlich zu sein. Dabei wurden drei Kinder und ein Lehrer einer jüdischen Schule erschossen. Außerdem steht Merah im Verdacht, in diesem Monat drei Fallschirmjäger erschossen zu haben, die aus Nordafrika und der Karibik stammten.

Die Sicherheitskräfte hätten sich am Vorabend zum sofortigen Einsatz entschlossen, hieß es. Verwirrung gab es am Nachmittag wegen einer angeblichen Festnahme, über die das Fernsehen berichtete. Innenminister Guéant ließ den Zugriff umgehend dementieren. Das Haus in Toulouse wurde von Hunderten Polizisten belagert, darunter Beamte der Elite-Einheit Raid.

Guéant erklärte, Merah habe eine Uzi-Maschinenpistole, ein Kalaschnikow-Sturmgewehr und weitere Waffen bei sich. Im Tausch gegen ein Mobiltelefon habe der Verdächtige eine großkalibrige Pistole abgegeben. Eine solche Waffe wurde bei allen Anschlägen verwendet. Die Bewohner des Hauses wurden von der Polizei in Sicherheit gebracht. Das Auto des mutmaßlichen Täters wurde gesprengt, nachdem die Ermittler festgestellt hatten, dass das Fahrzeug mit Waffen beladen war. Merahs Bruder – den Behörden ebenfalls als Islamist bekannt –, seine Schwester und seine Mutter wurden festgenommen.

Bei Verhandlungen mit der Polizei, die der Täter durch eine halb geöffnete Tür führte, gab er zu, dass er für gestern ein weiteres Attentat gegen Soldaten und Polizisten geplant habe. Zugleich habe er bedauert, nicht noch mehr Menschen getötet zu haben. Die Elitepolizisten hatten gestern mehrere Male vergeblich versucht, in Merahs Wohnung einzudringen, in der er sich verschanzt hat. Jedes Mal seien die Polizisten mit Schüssen aus schweren Waffen zurückgedrängt worden. Ein Beamter habe einen Knieschuss erlitten, einen zweiten Polizisten habe die schusssichere Weste vor schweren Verletzungen bewahrt.

Merah war wegen Reisen nach Afghanistan und Pakistan schon länger im Visier der Sicherheitsbehörden. Nach Angaben der afghanischen Behörden wurde Merah bereits 2007 in dem Land festgenommen, weil er Bomben gelegt haben soll. Er sei aber bei einer Massenflucht 2008 aus dem Gefängnis entkommen, sagte der Direktor des Gefängnisses von Kandahar, Ghulam Faruk.

Präsident Nicolas Sarkozy rief die Bürger auf, zusammenzustehen: "Wir dürfen uns weder zur Diskriminierung noch zur Rache verleiten lassen." Er habe sich mit Vertretern der jüdischen und muslimischen Gemeinden getroffen, um zu zeigen, dass sich das Land nicht spalten lasse. Die Anschläge wurden mitten im Präsidentenwahlkampf verübt und dürften dessen weiteren Verlauf bestimmen.

In Jerusalem wurden unterdessen der Rabbiner Jonathan Sandler, seine vier und fünf Jahre alten Söhne sowie die siebenjährige Tochter des Schulleiters gemäß orthodoxem Ritus beigesetzt. An der Zeremonie nahmen auch der israelische Parlamentspräsident Reuben Rivlin und der französische Außenminister Alain Juppé teil. "Ganz Israel weint wegen dieser Morde", sagte Rivlin.

Mit einer bewegenden Militärzeremonie hat sich Frankreich von den drei Soldaten-Opfern verabschiedet. " Das war nicht der Tod auf dem Schlachtfeld, sondern eine terroristische Exekution", sagte Präsident Sarkozy im südfranzösischen Montauban. An der Trauerfeier in der Kaserne des 17. Regiments, zu dem zwei der Soldaten gehörten, nahmen Hunderte Trauergäste teil, darunter der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande.

US-Präsident Barack Obama hat nach Angaben des Weißen Hauses mit Sarkozy am Telefon über die Anschläge gesprochen. Obama unterstütze ausdrücklich die Maßnahmen der Sicherheitskräfte.

(RP)
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