Bildungsreform 2.0 Pisa-Chef fordert bessere Fortbildung für Lehrer

Berlin · Der Chefkoordinator der Pisa-Studie bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Andreas Schleicher, hat weitere Anstrengungen für guten Unterricht in Deutschland angemahnt. "Wir brauchen jetzt, mehr als 15 Jahre nach der ersten Pisa-Studie, eine Bildungsreform 2.0", sagte Schleicher unserer Redaktion.

 Da geht's lang. Der Chefkoordinator der Pisa-Studie fordert weitere Anstrengungen für guten Unterricht in Deutschland.

Da geht's lang. Der Chefkoordinator der Pisa-Studie fordert weitere Anstrengungen für guten Unterricht in Deutschland.

Foto: dpa

Dabei gehe es ihm vor allem um eine Verbesserung der Unterrichtsqualität und der Arbeitsbedingungen für Lehrer. "Ich meine damit nicht die Gehälter, die sind in Deutschland meist sehr gut", sagte Schleicher. "Was es aber hierzulande noch viel zu wenig gibt, ist ein Arbeitsumfeld, in dem Lehrer viel mehr Möglichkeiten für die gemeinsame Entwicklung und Umsetzung von Unterrichtskonzepten haben."

In Singapur hätten Lehrer 100 Stunden für Weiterbildung pro Jahr zur Verfügung: "Und zwar mit Kollegen zusammen und nicht abgehoben an den Universitäten wie hier." Dieses Defizit habe durchaus etwas mit den stagnierenden Pisa-Ergebnissen der Schüler zu tun. "Wie gut die Schüler abstrahieren können, hat damit zu tun, wie sehr Lehrkräfte fächerübergreifend denken oder arbeiten. Da ist die Politik gefragt, mehr Freiräume für die Schulen zu schaffen", sagte Schleicher. Vor allem müssten Anreize her, dass gute Arbeit der Lehrer Anerkennung finde. Der Bildungsexperte kritisierte, dass Reformbereitschaft in Deutschland kaum vorhanden sei. "Was die Veränderungsdynamik seit einigen Jahren betrifft, schneidet Deutschland nicht besser als befriedigend ab", sagte Schleicher.

Auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, forderte Verbesserungen für Lehrer und Schulen. "Wir brauchen in den Schulen eine Lehrerausstattung von 110 Prozent. Wegen des Unterrichtsausfalls und weil einzelne Schülergruppen - schwächere genauso wie sehr gute Schüler - zusätzlich gefördert werden sollen, ist es sinnvoll, dass jede Schule über zehn Prozent mehr Lehrer verfügt als bisher vorgesehen", sagte Kraus: "Der Unterrichtsausfall liegt in Wahrheit bei sechs, sieben Prozent, doppelt so hoch wie angegeben." Das werde von den Schulen in der Statistik "mit Tricks verschleiert".

(jd/mar)
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