Papst-Skepsis in Großbritannien

Kommende Woche besucht Papst Benedikt XVI. Großbritannien. Die Vorgeschichte ist lang und kompliziert – nach Jahrzehnten vergeblicher Versuche wurde erst 2010 die Einladung der Queen zum ersten Staatsbesuch eines Papstes der Neuzeit vom Heiligen Stuhl akzeptiert. Bei vielen Briten kommt darüber allerdings keine Freude auf. Während für England keine Umfragezahlen vorliegen, stehen nur 31 Prozent der Schotten dem Besuch positiv gegenüber.

Wenn der Pontifex am 16. September seine viertägige Reise mit einem Empfang bei der Königin in Edinburgh beginnt, muss er sich auf Proteste gefasst machen: Tausende Menschen wollen gegen die Haltung des Vatikans in den Missbrauchs-Skandalen demonstrieren. Die anti-katholische Opposition plant ein Anti-Papst-Filmfestival, während Homosexuelle, Atheisten und andere Gruppen religionskritische Debatten und provokante Plakataktionen vorbereiten.

Militante Menschenrechtler haben gar angekündigt, das Kirchenoberhaupt verhaften zu lassen. Diese Drohung hatte eher symbolische Bedeutung. Dennoch macht sich der Vatikan Sorgen. "Es gibt in Großbritannien ein größeres Kritikpotenzial als anderswo", sagte diplomatisch ein Vertreter des Heiligen Stuhls der "Sunday Times". "Ich wäre überrascht, wenn keiner protestiert", gesteht auch der britische Verantwortliche für den Benedikt-Besuch, Lord Chris Patten, katholischer Ex-Gouverneur von Hongkong. "Aber Schreie sind der Klang der Freiheit." Die Skepsis vieler Briten ist auch finanziell begründet: Patten räumt ein, dass der Besuch die Steuerzahler zwölf Millionen Pfund kosten könnte – 50 Prozent mehr als geplant. Die Kirche will gut die Hälfte beisteuern.

476 Jahre nachdem sich der englische König Heinrich VIII. zum "einzigen Oberhaupt der englischen Kirche auf Erden" erklären ließ, ist der Katholizismus in Britannien auf dem Vormarsch – nicht nur wegen des Übertritts von Ex-Premier Tony Blair 2007. Tatsächlich treiben die Arbeitsmigranten aus Osteuropa die Zahl der katholischen Gemeinden in die Höhe. Jede zehnte englische Kirche ist mittlerweile katholisch.

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