Papst gibt Kubas Jugend Hoffnung

Benedikt XVI. hat Kuba zum Aufbau einer erneuerten und offenen Gesellschaft aufgerufen. Bei seiner ersten Messe in dem kommunistischen Land appellierte er an die Katholiken, sich "mit den Waffen des Friedens, der Vergebung und des Verständnisses" am politischen Leben zu beteiligen.

Havanna Während Papst Benedikt XVI. vor der "Barmherzigen Jungfrau von Cobre" niederkniet, um für leidende und inhaftierte Kubaner zu beten, berichtet Kubas wohl bekannteste Bloggerin Yoani Sánchez dem spanischsprachigen TV-Sender CNN fast zeitgleich über Repressalien und Behinderungen gegen die Opposition. Der zweite Tag des Kuba-Besuchs des Kirchenoberhauptes hat deutlich gemacht, auf welch schmalem Grat Benedikt während seines Aufenthalts auf der kommunistisch regierten Karibikinsel wandelt.

Schon der Auftakt geriet zu einer eher hölzernen Angelegenheit: Kubas Präsident Raúl Castro, der Bruder Fidel Castros, wusste auf dem Flughafen von Santiago de Cuba nicht so recht, ob er sich vor dem unbequemen Gast verbeugen sollte oder nicht. Und so entschied sich der General der kubanischen Streitkräfte dafür, Benedikt XVI. freundlich beide Hände auszustrecken. Den Umgang mit einem Gesprächspartner auf Augenhöhe, der auch unerwünschte Wahrheiten ausspricht, ist Havanna nicht gewohnt. Die Reflexe des jahrzehntelangen verbalen Stellungskrieges mit den USA greifen hier nicht.

Schon bei seiner Abreise aus Europa hatte Benedikt XVI. erklärt: "Es ist heute offensichtlich, dass die marxistische Ideologie, so wie sie einst entworfen wurde, keine Antworten mehr auf die Fragen der Gegenwart bietet." Vor allem Kubas Jugend gibt der Papst mit seinem Besuch Hoffnung auf eine bessere Zukunft in einem freieren politischen System. Doch Benedikt kam nicht nur, um der Regierung kritisch einen Spiegel vorzuhalten. Im Gegenteil: Castros Kritik am finanziellen Sektor, der große Teile der Welt in heftige Schwierigkeiten gebracht habe, teilte Benedikt. In der ihm eigenen Sprache aber hieß das: Der "Egoismus gewisser Mächte" habe großen Schaden angerichtet.

Kubas staatliche Medien, die den Papst ausführlich begleiten, griffen exakt diesen Part der Rede auf und werteten sie als Unterstützung. Kubas starker Mann Raúl Castro geht mit der Papstvisite ein hohes Risiko ein. Er setzt ganz darauf, als Reformmotor der Karibikinsel wahrgenommen zu werden. Mit "tiefem Respekt", so versicherte Castro, werde man den Gast anhören.

Unangemeldet besuchte der Staatspräsident die Freiluft-Messe mit 200 000 Menschen in Santiago de Cuba, auch wenn ihm nicht alles gefallen haben dürfte, was er zu hören bekam. Denn Benedikt XVI. forderte den Bau einer offenen und erneuerten Gesellschaft. Die kritischen Botschaften des Papstes sind in der Wortwahl eindeutiger als die seines Vorgängers Johannes Paul II. bei dessen historischem Besuch an der Seite Fidel Castros vor fast genau 14 Jahren. "Ich trage die berechtigten Bestrebungen und legitimen Wünsche aller Kubaner im Herzen, wo immer sie leben", sagte der prominente Besuch aus Rom und spielte damit auf die rund eine Million Exil-Kubaner an, die auf der anderen Seite der Florida-Straße in Miami leben.

Kubas Kirche verurteilte unmittelbar vor dem Eintreffen des Papstes die jüngste Verhaftungswelle gegen Oppositionelle. Der Vize-Generalsekretär der kubanischen Bischofskonferenz, Jose Felix Perez, erklärte, die Kirche bedauere jede Art von Restriktionen gegen Menschen, die am Gottesdienst mit dem Papst teilnehmen wollten. Bloggerin Yoani Sánchez bestätigte die Berichte. Regimekritiker könnten ihre Wohnungen nicht verlassen, Telefone würden blockiert. Menschenrechtsorganisationen berichteten, in Kuba seien auch zahlreiche Bettler vorläufig festgenommen worden, um sie aus dem Straßenbild zu entfernen. Benedikt XVI. ging auf die Opposition direkt ein und stärkte den politischen Häftlingen den Rücken: Er bete für die ihrer Freiheit beraubten und von ihren Familien getrennten Kubaner, die schwere Zeiten durchmachten.

Sehr wahrscheinlich gibt es ein Treffen mit Revolutionsführer Fidel Castro. Spekuliert wird, der Papst könne die vor 50 Jahren ausgesprochene Exkommunikation nach einer brutalen Säuberungswelle gegen die Kirche zurücknehmen, so dass der greise Castro mit dem Segen der Kirche sterben könne.

Internet Bilder vom Papst-Besuch unter www.rp-online.de/panorama

(RP)
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