Rom Papst Franziskus exkommuniziert Mafiosi

Rom · Ungewöhnlich scharf verurteilt der Heilige Vater in Süditalien das organisierte Verbrechen.

Als hätten es die Menschen in Kalabrien geahnt, dass Papst Franziskus seinen Auftritt für historische Worte nutzen würde, strömten sie zu Tausenden am Wochenende zu einem Freiluftgottesdienst. Nach einer Predigt, die Franziskus noch vom Blatt abgelesen hatte, legte er sein Manuskript zur Seite und sagte die entscheidenden Sätze: "Diejenigen, die in ihrem Leben das Böse verfolgen wie die Mafiosi, sie sind nicht in Kommunion mit Gott. Sie sind exkommuniziert."

Es waren die bislang deutlichsten Worte der katholischen Kirche gegen das organisierte Verbrechen, das in vielen Gegenden Italiens mächtiger ist als der Staat. Von der Exkommunikation, also dem Ausschluss der Mafiosi von den Sakramenten, hatte vor Franziskus noch kein Papst gesprochen.

Als erster hatte Johannes Paul II. 1993 in Agrigent einen flammenden Appell gegen die Mafia gehalten, als er forderte: "Bekehrt euch! Eines Tages wird das Urteil Gottes ergehen." 2010 fand auch Benedikt XVI. in Palermo starke Worte, als er sagte: "Die Mafia ist der Weg des Todes und mit dem Evangelium nicht zu vereinen." Franziskus erwähnte nun auch die kalabrische Mafia, die 'Ndrangheta, explizit. Sie operiert in vielen EU-Ländern, darunter auch Deutschland und gilt mit geschätzt 44 Milliarden Euro Umsatz als mächtigste Verbrecherorganisation weltweit. "Die 'Ndrangheta ist dies: Anbetung des Bösen und Verachtung der Gemeinschaft." Im Gegensatz zu den Worten des Papstes stellt sich die Mafia in Süditalien häufig als effektives Schattensystem dar, das anstelle der Behörden das Gemeinwesen und die Bedürfnisse der Einzelnen regelt. "Dieses Böse muss bekämpft werden", sagte Franziskus. "Man muss Nein dazu sagen."

Vor allem auf lokaler Ebene ist die Trennung zwischen Mafia und Kirche nicht immer scharf. So sind etwa aus Kalabrien Fälle bekannt, in denen Geistliche mit dem organisierten Verbrechen zusammenarbeiten. Zuweilen nimmt die Kirche vor Ort Mafia-Spenden an. Andererseits gibt es auch einige von der Mafia bedrohte Pfarrer, die sich gegen die Allmacht der Mafiosi wehren.

Insbesondere bei der 'Ndrangheta, die ihr Geschäft in erster Linie mit Drogenhandel macht, sind religiöse Rituale verbreitet. Im Volksmund wird die Organisation selbst auch als "Santa" (Heilige) bezeichnet. Bei der Weihung neuer Mitglieder wird den Novizen mit einer Nadel in den Finger gestochen, das Blut tropft auf ein Heiligenbildchen. Meist ist das der Erzengel Michael, der Schutzheilige der 'Ndrangheta. Schätzungsweise gehören dem engeren Kreis der 'Ndrangheta 6000 Personen an, die zu verschiedenen Familienclans zählen. Laut Polizei gab es 2013 etwa 155 solcher Familien.

(jmm)
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