Nach der Eskalation Schwere Vorwürfe gegen Polizisten

Düsseldorf · Veranstalter der Großdemonstration berichten, Sanitäter seien an der Arbeit gehindert worden. Armin Laschet persönlich sichert Aufklärung zu. Der Koalitionspartner FDP distanziert sich vom neuen Versammlungsgesetz.

 Polizisten auf der Großdemo in Düsseldorf gegen das neue Versammlungsgesetz. Foto: Roberto Pfeil/dpa

Polizisten auf der Großdemo in Düsseldorf gegen das neue Versammlungsgesetz. Foto: Roberto Pfeil/dpa

Foto: dpa/Roberto Pfeil

Die Organisatoren der Großdemonstration in Düsseldorf gegen das neue Versammlungsgesetz haben schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. Der als Sanitäter eingesetzte Demonstrationshelfer Nico Beineke berichtete am Montag, dass Polizisten ihn und Kollegen davon abgehalten hätten, Verletzte zu versorgen, nachdem diese mit Pfefferspray oder Schlagstöcken traktiert worden seien. Demonstranten seien kollabiert, da die Polizei sie über mehrere Stunden eingekesselt und die zum Teil minderjährigen Personen nicht mit Wasser versorgt habe. Als Konsequenz forderten sie den Rücktritt von Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU).

Bei der Demonstration gegen ein neues Versammlungsgesetz mit Tausenden Teilnehmern in Düsseldorf war die Lage am Samstag eskaliert. Auch mindestens ein Journalist der Deutschen Presse-Agentur wurde dabei durch Polizisten verletzt. Die Polizei hatte rund 300 Demonstranten des Antifa-Blocks in der Innenstadt eingekesselt. Als Grund wurden Verstöße gegen das Vermummungsverbot durch Schirme und miteinander verbundene Transparente genannt sowie Angriffe auf Beamte. Zudem hätten Teilnehmer Pyrotechnik abgebrannt.

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“ sprach von rund 100 verletzten Demonstranten und Einweisungen in Krankenhäuser; die Polizei sprach ohne Nennung von Zahlen von Verletzten auf beiden Seiten. In einer von der Opposition im Landtag beantragten Aktuellen Stunde soll Reul die Geschehnisse am Donnerstag erhellen. Das sagte er zu: „Unserer Pflicht zur Aufklärung werden wir selbstverständlich umfassend nachkommen. Noch in dieser Woche werde ich dazu im Parlament berichten.“

Auch Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet versprach lückenlose Aufklärung. „Pressefreiheit gilt immer und muss überall gewährleistet sein“, sagte Laschet am Montag der Deutschen Presse-Agentur, nachdem er den betroffenen Journalisten zu einem Gespräch getroffen und sich nach dessen Befinden erkundigt hatte.

Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD) forderte Reul auf, das neue Versammlungsgesetz zurückzuziehen: „Wozu die geplanten Einschränkungen führen können, hat der Einsatz am Wochenende erahnen lassen.“ Der Gesetzentwurf der Landesregierung sei eindeutig zu restriktiv, so der Ex-Justizminister.

Bei einer Anhörung im Landtag hatten Juristen verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Breiten Protest hatte das im Gesetzentwurf vorgesehene Militanzverbot ausgelöst, das uniformähnliche Kleidung untersagen soll, wozu auch Fußball-Trikots gezählt werden könnten. Empörung hatte ausgelöst, dass im Entwurf auf SA- und SS-Uniformen Bezug genommen wird.

Die FDP in Bund und Land distanzierte sich am Montag von dem Gesetzentwurf. Es handle sich hier um einen Entwurf aus dem CDU-geführten Innenministerium, den die FDP NRW so sicher nicht akzeptieren werde, twitterte Bundesvorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Und die hiesige Landtagsfraktion ergänzte: „Eine Ausweitung dieses Militanzverbotes auf sonstige öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel wie Fußballaufzüge erscheint uns aber sachfremd im Gesetz und daher zu weitreichend“, sagte FDP-Innenexperte Marc Lürbke. Grundsätzlich gelte: Kein Gesetz verlasse das Parlament so, wie es hineinkomme.

Die Grünen-Fraktion will die in NRW mitregierenden Liberalen damit nicht durchkommen lassen: „Die aktuellen Absetzungsbewegungen der FDP sind der peinliche Versuch eines Ablenkungsmanövers kurz vor der Bundestagswahl“, sagte Ko-Fraktionschefin Verena Schäffer. Schließlich hätten die drei FDP-Kabinettsmitglieder dem Gesetzentwurf der Landesregierung zugestimmt, die Fraktion habe den Entwurf begrüßt. „Die schwarz-gelbe Landesregierung hat einen Entwurf für ein Versammlungsgesetz vorgelegt, der Versammlungen deutlich erschweren wird“, so Schäffer. Das Agieren der FDP zeige auch, dass die Regierung von Armin Laschet keineswegs so harmonisch zusammenarbeite, wie sie gern glauben machen wolle.

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