Berlin Opposition fordert Rücktritt in BND-Affäre

Berlin · Die Geheimdienst-Enthüllungen belasten die Koalition; das Kanzleramt steht unter Druck. Auch die Kanzlerin meldet sich jetzt zu Wort.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe gegen den Bundesnachrichtendienst (BND) gefordert. "Wir haben in der Pressemitteilung von letzter Woche deutlich gemacht, dass es Defizite gibt", sagte Merkel gestern in Warschau: "Jetzt geht es darum, die Dinge vollständig aufzuklären." Das Bundeskanzleramt bestritt unterdessen eigene Versäumnisse in der BND-Affäre. Die Dokumente, die der BND dem Kanzleramt 2008 und 2010 zukommen ließ, hätten keinen Anlass geboten, strukturelle Defizite bei dem Geheimdienst zu vermuten, erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz.

Erst durch die Beweisanträge aus dem NSA-Untersuchungsausschuss sei die Dimension des Falles klargeworden, die Veränderungen beim BND nötig mache, sagte Wirtz. Personelle Konsequenzen halte das Bundeskanzleramt indes derzeit nicht für geboten. Diese Frage stelle sich momentan nicht. Wirtz wollte sich auch nicht dazu äußern, wer genau damals im Kanzleramt von den Vorgängen erfahren habe: "Ich gehe nicht auf Personen ein."

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hatte zuvor den Druck auf das Kanzleramt verstärkt. "Es muss personelle Konsequenzen geben, aber nicht nur beim Bundesnachrichtendienst", forderte Ströbele im ZDF-"Morgenmagazin". "Das muss auch im Kanzleramt Konsequenzen haben", sagte der Bundestagsabgeordnete, der Mitglied des Parlamentsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste ist.

In der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst über seine Abhörstation in Bad Aibling für die NSA gezielt die Kommunikation europäischer Unternehmen und Politiker ausgehorcht haben soll. Die Vorwürfe waren am Donnerstag ans Licht gekommen. Zunächst hatte es geheißen, das Bundeskanzleramt sei erst kürzlich, nämlich im März, über den Sachverhalt informiert worden. Die Bundesregierung hatte dann aber am Sonntag bestätigt, dass der BND das Kanzleramt schon 2008 über Spähversuche der Amerikaner gegen europäische Ziele informiert hatte.

Auch die SPD hält personelle Konsequenzen aus der Affäre für möglich. "Wenn die gravierenden und schweren Vorwürfe sich bewahrheiten, dann muss man deutlich sagen, dass die Aufsicht des Bundeskanzleramts gegenüber dem Bundesnachrichtendienst kläglich versagt hat", sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi.

(RP)
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