Trittin und Brauereien fordern grünes Licht Ohne Dosenpfand angeblich 250.000 Jobs in Gefahr
Berlin/Düsseldorf (rpo). Umweltminister Jürgen Trittin, mittelständische Unternehmen und der Getränkefachhandel haben an die Länder appelliert, im Bundesrat grünes Licht für das umstrittene Dosenpfand zu geben. Andernfalls seien bundesweit 250 000 am Mehrwegsystem hängende Arbeitsplätze in Gefahr, warnten sie. Dem stünden nur 50 000 neue Stellen im Einwegbereich gegenüber.
Mit der Umstellung auf das Euro-Bargeld sollen Verbraucher ab 1. Januar 2002 rund 50 Pfennig (0,25 Euro) Pfand auf Getränkedosen und die meisten Einwegflaschen zahlen. Ab einem Inhalt von 1,5 Liter verdoppelt sich das Pfand auf knapp eine Mark (0,50 Euro).
Trittin begrüßte die Annahme eines Antrags der Grünen durch den bayerischen Landtag, in dem die Staatsregierung zur Unterstützung des Pflichtpfands im Bundesrat aufgefordert wird. "Ich empfehle allen Bundesländern, von Bayern zu lernen", sagte er mit Blick auf den wachsenden Widerstand in den Ländern. Die Bundesvereinigung Deutscher Handelsverbände (BDH), ein Gegner des Pfandes, nannte den bayerischen Pfandbeschluss das "Ergebnis einer Überrumpelungsaktion zu vorgerückter Stunde". Die Staatsregierung sei nicht daran gebunden.
Gegen das Dosenpfand sind unter anderem Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Baden-Württemberg. Nordrhein-Westfalens Position ist noch unklar. Die Novelle der Verpackungsverordnung soll vor der Sommerpause durch die Länderkammer gehen. Im Herbst hatten sich die Länder-Umweltminister mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz noch alle hinter die Pfandpläne Trittins gestellt.
Getränke werden nach einer Prognose des Handelskonzerns METRO durch ein Pflichtpfand spürbar teurer. Auf den gesamten Handel würden Ausgaben von 1,5 bis zwei Milliarden Euro (2,9 bis 3,9 Mrd DM) zukommen. Hinzu kämen jährliche Kosten von 700 Millionen Euro. Ein Großteil der Kosten müsste an die Kunden weitergeben werden. Trittin wies die Schätzungen als zu hoch zurück. Die jährlichen Zusatzkosten bei Einführung des Pflichtpfands betragen laut Ministerium rund 265 Millionen Mark oder 1,84 Pfennig pro Verpackung.
Die geltende Verpackungsverordnung der Vorgänger-Regierung sehe ohnehin ein Pflichtpfand vor, sagte Trittin. Dies wäre allerdings nur bei Bier und Mineralwasser der Fall, die die vorgeschriebene Mehrwegquote mehrmals unterschritten haben. Lehnt der Bundesrat die Novelle ab, greift die geltende Verordnung.
Das Dosenpfand werde von den kleineren Privatbrauereien "herbeigesehnt", sagte Verbands-Geschäftsführer Robert Demleitner. Fast jede dritte Verkaufsverpackung für Bier sei inzwischen eine Dose oder Einwegflasche. Mittelständische Unternehmen hätten im Vertrauen auf den Schutz des Mehrwegs dagegen Milliarden-Summen in Mehrweg- Systeme investiert.
"Ein Zögern oder Aufweichen der Verordnung im Bundesrat darf es nicht geben", sagte der Vorstand des Getränkefachgroßhandel-Verbands, Günther Guder. "Sonst stehen Ökologie, Arbeitsplätze und mittelständische Strukturen auf dem Spiel."
In Ländern, in denen Mehrweg nicht gefördert worden sei, sei der Mehrweganteil drastisch gesunken, erklärte der stellvertretende SPD- Bundestagsfraktionschef Michael Müller. In Belgien etwa sei die Quote von über 70 Prozent auf 20 Prozent gefallen. Die FDP bezeichnete Trittins Pfandpläne als "ideologische Narretei".