Energiepolitik Oettinger fordert Investitionen von 1.000 Milliarden Euro

Brüssel (RPO). EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger will die Energieinfrastruktur drastisch verändern: 1.000 Milliarden Euro für neue Energienetze, massive Verbrauchs-Einsparungen und eine sicherere Atomkraft sind die Kernelemente der Strategie, mit der Oettinger die Versorgungssicherheit und die Klimaschutzziele Europas in den kommenden zehn Jahren erreichen will.

"Potzblitz" - die Presse zur Personalie Oettinger
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Foto: AP

Derzeit sei die Union nicht für die Herausforderungen gerüstet, warnte Oettinger am Mittwoch bei der Vorstellung seiner Strategie. Die Energie sei zu teuer, die Infrastruktur veraltet und wegen mangelnder Investitionen drohe die EU bei der Entwicklung von Zukunftstechnolgogien abgehängt zu werden.

Trotz des enormen Widerstands gegen die Berliner Atompolitik spielt die Kernkraft für Oettinger auch künftig eine zentrale Rolle. Angesichts des "neu erwachten Interesses" in Europa müsse ihr Potenzial "offen und objektiv" bewertet werden, die EU müsse ein weltweit führender Anbieter von Nukleartechnolgie bleiben, heißt es in seinem Papier. Um der Kernkraft den Schrecken zu nehmen, kündigte Oettinger neue Regeln an. Sie sollen die Sicherheit der Meiler, des Transports strahlenden Materials und der Atommüllentsorgung erhöhen.

"Unverantwortlich"

Von den Grünen erntete er scharfe Kritik. Der Kommissar "ignoriert nicht nur die deutschen Massenproteste, sondern zeigt sich auch unberührt von den Sicherheits- und Kostenproblemen der Atomenergie und des ungelösten Atommüllproblems", erklärte die Europaabgeordnete Rebecca Harms. Die Grünen verweisen auf ei730 Deutsche Postbank Zahlen 3. Quartal

5 Prozent der Investitionen in erneuerbare Energien empfiehlt. Dass sich Oettinger nun davon verabschiede, sei "unverantwortlich".

Eine weitere Priorität der Kommissionsstrategie ist eine Verdreifachung der Investitionen in Energienetze. Die Gas- und Strominfrastruktur verlaufe noch "entlang der Gebietsgrenzen der Fürstentümer des 19. Jahrhunderts", sagte der EU-Kommissar. Nur ein massiver grenzüberschreitender Ausbau könne dafür sorgen, dass auch die Energie aus erneuerbaren Quellen etwa von Windparks in Nordeuropa in den Süden und von Solaranlagen im Süden nach Norden fließen könne.

Die Genehmigungsverfahren dafür will die EU von zehn auf fünf Jahre verkürzen. Für den Ausbau der Netze muss laut Oettinger die Industrie zahlen. Allerdings müsse sich der Verbraucher darauf einstellen, dass ein wachsender Teil des Strompreises künftig für langfristige Investitionen erhoben werde. Kommende Woche legt Oettinger einen Plan zum Ausbau der Energienetze vor.

Brüderle warnt vor neue Vorgaben

Während beim Ausbau geklotzt werden muss, ist beim Verbrauch massives Sparen notwendig. Das will Oettinger mit einer Reihe von Vorschriften für die Verkehrsbranche und den Immobiliensektor vorantreiben. Ein "Auto-Energielabel" und ein "Energie-Pass" für Gebäude sind in der Pipeline. Für öffentliche Ausschreibungen, die 16 Prozent der Bauaufträge in der EU ausmachen, soll die Energieeffizienz zu einem verbindlichen Kriterium werden. Ohne große Anstrengungen werde die EU ihr Ziel, die Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent zu steigern, verfehlen, sagte Oettiner. Beim derzeitigen Tempo würden nur neun Prozent erreicht.

Bundeswirtschaftminister Rainer Brüderle (FDP) warnte umgehend vor "rigiden staatlichen Vorgaben" aus Brüssel. Statt die Unternehmen zu überfordern, "müssen wir Anreize zum Energiesparen setzen, das ist vor allem Aufgabe der Mitgliedsstaaten". Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) lehnte neue Richtlinien der EU als unnötig ab. Der BDI warnte vor zusätzlicher Bürokratie.

Einhellige Unterstützung von deutscher Wirtschaft und Politik erhält Oettinger für sein Vorhaben, einen echten europäischen Binnenmarkt für Energie zu schaffen. Viele EU-Mitglieder schotteten ihre Märkte zum Nachteil der Verbraucher noch ab, insbesondere Frankreich wird dafür kritisiert. Auf dem ersten Energie-Gipfel der EU im kommenden Februar erhofft sich der Kommissar einen "Schub" zum Abbau der nationalen Schranken. "Für eine wettbewerbsfähige und CO2-arme Wirtschaft müssen wir unsere Energiepolitik europäisieren", sagte er.

(apd)
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