Berlin Ökonomen sehen Euro-Zone belastet

Berlin · Experten streiten über den richtigen Weg Italiens aus der Krise. Noch höhere Schulden könnten Spekulanten auf den Plan rufen.

Nach dem Scheitern des Verfassungsreferendums in Italien wächst unter Ökonomen die Sorge um die Stabilität der Euro-Zone. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Italien dauerhaft Mitglied der Euro-Zone bleibt, ist gesunken", sagte der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann sagte, es stehe zu befürchten, "dass sich die Reformtätigkeit in Italien nun wieder verlangsamt. Und das wäre nicht nur für Italien eine bedenkliche Entwicklung." Allerdings warnte er zugleich vor Schwarzmalerei: "Ein Nein ist sicher nicht das Ende der Welt", sagte er in München.

Die Niederlage des italienischen Regierungschefs Matteo Renzi bei der Abstimmung und sein daraufhin angekündigter Rücktritt schwächen die drittgrößte Volkswirtschaft des Euro-Raums in einer Zeit, in der Italien noch nicht auf einen stabilen Wachstumspfad zurückgefunden hat. Italiens Banken sitzen auf einem Berg fauler Kredite, weil die Bankensanierung nach der Finanzkrise nicht konsequent genug angegangen wurde. Nach Griechenland, Zypern und Spanien hat Italien im Euro-Raum die höchste Arbeitslosenquote. Die Staatsschulden erreichen mit 132 Prozent des Bruttoinlandsprodukts den zweithöchsten Stand innerhalb des Währungsraums nach Griechenland. Spätestens im Mai 2018 wird neu gewählt. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, ohne die eine neue Regierung nicht denkbar scheint, möchte die Verschuldung noch ausweiten. Sie hat sich zwar für den Verbleib im Euro-Raum ausgesprochen. Noch mehr Schulden könnten aber an den Finanzmärkten neue Spekulationen auslösen, ob Italien noch Euro-Mitglied bleiben kann.

"Die ökonomischen Probleme Italiens sind nicht zu wenig Staatsausgaben, sondern dauerhaft zu wenig Wettbewerbsfähigkeit und mangelndes Investorenvertrauen", sagte dazu Ifo-Chef Fuest. "Eine Wende zu höheren Defiziten wäre kontraproduktiv", warnte er.

Ganz anders argumentierte Gustav Horn, Chef des gewerkschaftseigenen Düsseldorfer Instituts für Makroökonomie. "Der harte Sparkurs für Italien ist falsch und deshalb eine Steilvorlage für alle Populisten", sagte Horn. Der Sparkurs müsse "gelockert werden, um der italienischen Wirtschaft Luft zum Atmen zu geben", so Horn.

Zwei Ökonomen, zwei Meinungen - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), selbst Jurist, ist ein Anhänger des Sparansatzes. Man gehe davon aus, dass sich Italien weiterhin an den EU-Stabilitätspakt halte, sagte ein Sprecher Schäubles. Der Minister warnte vor dem Herbeireden einer Krise. "Es gibt keinen Grund, von einer Euro-Krise zu reden", sagte er.

(mar)
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