Düsseldorf Ökonom: Rettungsschirm überfordert Deutschland

Düsseldorf · Das politische Ringen um die beste Lösung der Schuldenkrise ruft auch die Ökonomen auf den Plan. "Wenn es so weitergeht, wird Europa mit einem großen Knall auseinanderbrechen", sagte Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner Ifo-Instituts, gestern in der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, wo er mit einer Gastprofessur geehrt wurde. Nach Sinns Meinung dürfen die Schulden Griechenlands und anderer Problemländer nicht länger vergemeinschaftet werden. Stattdessen müssten die Hellenen den Euro-Raum verlassen.

"Indem die Staatengemeinschaft dem schlechten Geld immer mehr gutes Geld hinterherwirft, wird das Problem nicht gelöst", sagte Sinn. Vielmehr müsse Griechenland wieder wettbewerbsfähig werden, um seine Importe durch Exporte finanzieren zu können. Das funktioniere auch über die Abwertung der Währung. Solange die Griechen aber mit Euro zahlen, ist das unmöglich. "Deshalb müssen die Hilfsgelder gestoppt werden, und Griechenland muss die Währungsunion aus eigenem Willen verlassen", sagte der Experte. Schließlich habe es keinen Sinn, die Währungsunion künstlich aufrechtzuerhalten. "Es muss eine Bereinigung der Euro-Zone stattfinden, sonst wird Europa zu einer Transferunion", sagte Sinn.

Solch ein Finanzierungsmodell sei aber auf lange Sicht nicht durchzuhalten. Denn bereits jetzt sei die Bundesrepublik an der Grenze ihrer Kraft. "Mit der Hebelung des EFSF um den Faktor 5 übernehmen wir uns", warnte Sinn: "Dieser Schritt gefährdet die Stabilität Deutschlands."

Tatsächlich hat die Rating-Agentur Standard & Poor's schon Alarm geschlagen: Die Bundesrepublik könne ihre Bonitäts-Bestnote AAA verlieren, sollte der EFSF weiter ausgebaut werden. Sollte es dazu kommen, müsste auch Deutschland höhere Zinsen für seine Kredite zahlen. Dass Deutschland bereits jetzt seine Bonität untergräbt, zeigen auch die Kreditausfallversicherungen, die auf zehnjährige Bundesanleihen abgeschlossen werden können: Wer sich gegen einen Zahlungsausfall Deutschlands absichern will, muss heute bereits ungefähr dreimal so viel zahlen wie noch vor einem Jahr.

Wenn es nach Sinn ginge, würde der Bundestag der Hebelung des EFSF heute nicht zustimmen: "Die Politik sagt, sie kauft damit Zeit. Tatsächlich verliert sie Zeit."

(RP)
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