Obama tritt wieder an

US-Präsident Barack Obama wird 2012 für eine zweite Amtszeit kandidieren. Das kündigte er gestern per E-Mail, SMS und Internet an. Derzeit muss er sich allerdings noch mit der Tagespolitik herumplagen.

Washington Die Spatzen hatten es von den Dächern gepfiffen, fürs politische Washington war es eher Routine. Dass Barack Obama (49) 2012 zum zweiten Mal fürs Amt des Präsidenten kandidieren wird, hat keinen überrascht. Überraschend war höchstens, wie er es avisierte.

In dem Zwei-Minuten-Video, das seine Reklamefachleute parallel zur Ankündigung ins Internet stellten, ist er nicht ein einziges Mal zu sehen, sagt er keinen einzigen Satz, auch nicht aus dem Off. Stattdessen kommt ein Ed aus North Carolina zu Wort, der nicht immer einer Meinung ist mit dem Ex-Senator aus Illinois, aber betont, dass er ihm vertraue. Oder Alice aus Michigan: "Wir bezahlen ihn dafür, dass er seinen Job macht. Also können wir nicht sagen, hey, kannst du nicht ein bisschen freinehmen, damit du uns auf Trab bringst." Um den Schwung müsse sich die Basis schon selber kümmern, fügt Alice hinzu und tippt es nur leicht an, das Erfolgsrezept des Jahres 2008.

"People Power", eine Graswurzelbewegung der Engagierten, spülte den Außenseiter Obama auf einer Welle der Begeisterung ins Oval Office. Schärfer als ältere Rivalen – Hillary Clinton im Vorausscheid und John McCain im Finale – erkannte er die Bedeutung medialer Netzwerke – ein Kandidat, der ganz selbstverständlich twitterte, während McCain einräumte, er wisse nicht, wie man eine E-Mail schreibe. Selten zuvor hatten sich junge Amerikaner so für einen Bewerber aufgerieben wie damals für Obama. Falls ein Auftaktvideo Belastbares über Strategien aussagen kann, dann vielleicht dies: Für 2012 hofft der neue Wahlkampfmanager Jim Messina, bis vor kurzem Vize-Stabschef des Weißen Hauses, auf eine ähnliche Welle. "Es beginnt mit uns!", heißt die neue Parole.

Den Präsidenten plagen zunächst andere Sorgen: Er hat die Klippen der Tagespolitik zu umschiffen, einmal mehr ist er als Krisenmanager gefragt. Es geht nicht nur um Libyen, sondern mehr noch ums amerikanische Budget. Bis zum 8. April müssen beide Kammern des Parlaments einem Haushalt zustimmen, sonst darf die Regierung für Programme ohne eindeutige Gesetzesgrundlage keinen Cent mehr ausgeben.

Fixposten wie Rentenzahlungen oder die Gesundheitsfürsorge für Alte und Arme fallen zwar nicht in diese Kategorie. Doch Bundesbehörden würden geschlossen, Museen verrammelt, die Beamten bekämen kein Gehalt mehr. Beim letzten "Shutdown", 26 Tage lang in den Jahren 1995 und 1996, als Bill Clinton an der Pennsylvania Avenue residierte, blieben täglich rund 30 000 Visa-Anträge bei den Ämtern unbearbeitet liegen. 386 Nationalparks ließen keine Besucher mehr ein, Giftmüll wurde in den Städten nicht mehr entsorgt, an der Grenze zu Mexiko konnte die Border Patrol nur noch eingeschränkt patrouillieren.

Seinerzeit war es der Präsident, der vom Etatpoker profitierte. Den Republikanern um Newt Gingrich, die Clinton ihre Macht spüren lassen wollten, nahm es der Wähler bei nächster Gelegenheit übel, dass sie Profilierungsgefechte über die Belange der Nation stellten. Dies könnte sich wiederholen, weshalb klügere Köpfe in den Reihen der Konservativen vor einer Konfrontation bis zum Letzten warnen. Andererseits macht die Tea Party Druck. Deren Kongressneulinge möchten ihren Anhängern beweisen, dass sie nicht nur Sprüche klopfen, sondern tatsächlich für einen harten Sparkurs kämpfen, notfalls mit Brachialgewalt. Während Unterhändler im Parlament einen Mittelweg suchen, organisieren die Tea-Party-Rebellen lautstarke außerparlamentarische Proteste. "Nur her mit dem Shutdown!", steht auf ihren Postern.

Und falls sich die Streithähne im stillen Kämmerlein annähern, dann machen sie in der Öffentlichkeit ein großes Geheimnis daraus. Intern sind Ausgabenkürzungen von 33 Milliarden Dollar im Gespräch. Jedenfalls ist das die Sparsumme, auf die sich die Demokraten noch einlassen würden. Mehr sei unseriös, sagt Senatsfraktionschef Harry Reid und lehnt es ab, den Rotstift bei Programmen für die Bedürftigsten anzusetzen: "Wir sparen nicht bei kleinen Kindern, wir sparen nicht bei obdachlosen Veteranen."

John Boehner, der konservative Sprecher des Repräsentantenhauses, lässt seinerseits Gerüchte dementieren, wonach ein Deal in greifbarer Nähe ist. Bereits im Februar haben ihn seine Abgeordneten auf ein Ausgabenminus von 61 Milliarden Dollar für den Rest des Finanzjahres verpflichtet. Und keinesfalls weniger. Einem Diktat der Demokraten werde er sich nicht beugen, lässt Boehner kampfeslustig verkünden. Vom Naturell her ist er ein Machertyp, ähnlich veranlagt wie Barack Obama. Doch um das eigene Profil zu schärfen, steht ihm der Sinn nach einem Zeichen der Härte gegenüber einem Präsidenten, den mancher Konservative gern zur Karikatur eines bedenkenlosen Schuldenmachers verzerrt. Zumindest will Boehner den Anschein des Sparkommissars wahren, sich nicht nachsagen lassen, er sei zu früh eingeknickt. Demnächst steht der Haushalt 2012 zur Debatte, das Budget des Wahljahres.

(RP)
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