Washington Obama macht gegen die Waffenlobby mobil

Washington · Der US-Präsident fordert vom Kongress härtere Waffengesetze und stellt eine transatlantische Freihandelszone in Aussicht.

Zum Schluss geht es um Hadiya Pendleton, das neueste Gesicht der amerikanischen Waffendebatte. Noch im Januar hatte die 15-Jährige mit der Blaskapelle ihrer High School bei der Amtseinführung des Präsidenten gespielt. Eine Woche nach ihrem großen Auftritt wurde die junge Afroamerikanerin am helllichten Tag in Chicago erschossen. Nun sitzen ihre Eltern, Nathaniel und Cleopatra, in der Ehrenloge des Kongresses.

Als Obama in schlichten Worten an Hadiya erinnert, erheben sich die beiden schüchtern von ihren Plätzen. Abgeordnete applaudieren, verneigen sich, lassen ihre Anteilnahme spüren und feiern die Tochter von Nate und Cleo, wie der Redner sie nennt. Die beiden hätten doch wohl eine Abstimmung über strengere Waffengesetze verdient, sagt der Präsident. Mit einer ähnlichen Formulierung listet er weitere schreckliche Folgen des Waffenwahns auf – das Schulmassaker von Newtown, das Kino-Blutbad in Aurora, den Amokläufer, der die Abgeordnete Gabrielle Giffords lebensgefährlich verletzte. Auch für Giffords, die mit ihrem Mann gekommen ist, gibt es herzlichen Beifall.

Diese sehr amerikanischen, emotionalen Szenen sind die Begleitkulisse für Obamas Forderung nach einem Verbot halbautomatischer Sturmgewehre. Derartige Momente bleiben jedoch die Ausnahme an diesem Abend.

Den Rest seiner "State of the Union Address" widmet der Präsident seinem Arbeitsprogramm. Nüchtern verkündet er die Aufnahme von Gesprächen über ein Freihandelsabkommen mit der EU – eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft. Industrienormen sollen harmonisiert, hinderliche Vorschriften abgeschafft werden. Nebenbei würde das Abkommen jene Europäer beruhigen, die fürchten, dass sich die USA allzu stark Richtung Asien orientieren.

Mit Russland will das Weiße Haus über eine Reduzierung von Atomsprengköpfen verhandeln. Zahlen nennt der Präsident ebensowenig, wie er einseitige Schritte ankündigt. Die Ajatollahs in Iran ermahnt er, es sei höchste Zeit für eine diplomatische Lösung des Atomstreits. Das Regime in Nordkorea erinnert er nach dem dritten Nukleartest daran, dass es sich mit solchen Provokationen nur noch mehr isoliere.

Zum Rückzug aus Afghanistan, der bis Ende 2014 abgeschlossen sein soll, nennt Obama Zahlen: In zwölf Monaten sollen 34 000 US-Soldaten heimgekehrt sein, gut die Hälfte des derzeitigen Kontingents.

Am ausführlichsten ist die Liste der innenpolitischen Projekte, die der Präsident aufzählt: Reform des Einwanderungsrechts, Sanierung von 70 000 baufälligen Brücken im ganzen Land und vor allem die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Es müsse gelingen, weitere Firmen wie Caterpillar, Ford oder Apple für die Rückkehr aus längst nicht mehr so billigen Billiglohnländern wie China und Mexiko zu gewinnen. Sollte der Kongress keine Gesetze zum Umweltschutz verabschieden, mahnt der Präsident, werde die Regierung die Vorschriften verschärfen.

Als Obama den Abbau der Rekorddefizite erwähnt, klingt es eher nach rhetorischer Pflicht. Amerika müsse investieren, statt sich kaputtzusparen, lautet der Tenor. Es ist die Passage, die in den Reihen der Opposition den heftigsten Widerspruch erntet.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort