Washington Obama enthüllt Details des geheimen Drohnenkriegs

Washington · Der US-Präsident geht auf den Senat zu, um seinen Kandidaten John Brennan als CIA-Chef durchzusetzen.

Was Geschenke angeht, so hält es John O. Brennan mit dem Grundsatz der sprichwörtlich gläsernen Taschen. Akribisch hat der CIA-Direktor in spe offizielle Präsente von der Krawatte bis zum Tequila in einem Fragebogen aufgelistet, den ihm die Senatoren des Geheimdienstausschusses vorgelegt haben. Nebulöser äußerte er sich zum Kernpunkt des Streits um seine Person – zum geheimen Drohnenkrieg in Asien und Afrika. Die CIA führt ihn in drei Ländern, denen Amerika offiziell nicht den Krieg erklärt hat, in Pakistan, Somalia und dem Jemen. In Niger, einem Nachbarstaat Malis, soll der nächste Drohnenstützpunkt geplant sein.

Brennan gilt als Architekt der Strategie, und bislang hat er sich stets mit dem Hinweis auf die absolute Geheimhaltung aus der Affäre gezogen. Erst jetzt muss er Farbe bekennen – unter parlamentarischem Druck: Gestern erschien Brennan vor dem Geheimdienstausschuss des Senats zur Anhörung. Um Brennans Chancen nicht zu gefährden, beugte sich Präsident Barack Obama der Forderung von elf Senatoren und gab die Gutachten frei, mit denen Rechtsexperten die Drohnen-Operationen für legal erklären. Juristen des Justizministeriums haben das geheime 50-Seiten-Papier bereits 2010 verfasst, um zu begründen, warum auch US-Bürger zu Zielscheiben werden können.

Konkret ging es darin um Anwar al Awlaki, einen in New Mexico geborenen Prediger, der sich in den Jemen zu Al Qaida absetzte. Vom Weißen Haus auf eine Tötungsliste gesetzt, wurde al Awlaki im September 2011 von einer der lasergesteuerten "Hellfire"-Raketen getroffen, wie sie Drohnen des Typs "Predator" abfeuern. Ein solcher Angriff sei rechtens, wenn es sich um eine hochrangige Führungsfigur Al Qaidas oder einer dem Terrornetzwerk zuzurechnende Gruppe handle und eine Festnahme nicht möglich sei, heißt es in der Kurzfassung der 50-Seiten-Studie, die dem Sender NBC zugespielt wurde. Zudem müsse ein hoher Regierungsbeamter entschieden haben, dass von dieser Person unmittelbare Gefahr für die Vereinigten Staaten ausgehe.

Mit dem Beamten ist Brennan gemeint, ein Nahostexperte, der von 1996 bis 1999 die CIA-Zweigstelle in Saudi-Arabien leitete, unter George W. Bush zum Stabschef der CIA-Zentrale befördert und von Obama als oberster Antiterrorberater angeheuert wurde. "Ich bin nicht sicher, ob John in den letzten vier Jahren geschlafen hat", pries der Präsident den Arbeitseifer Brennans.

Längst ist aus dem Bestätigungsverfahren für einen neuen CIA-Chef eine Grundsatzdebatte über Transparenz im Washingtoner Regierungsviertel geworden. Immer lauter werfen Kritiker Obama vor, mit zweierlei Maß zu messen. Als er sein Amt antrat – begleitet vom Applaus von Bürgerrechtlern –, machte er vertrauliche Akten über Folterverhöre von Terrorverdächtigen publik, Akten über ein dunkles Kapitel der Ära Bush. Umso befremdlicher wirkte sein Zögern, als dieselben Bürgerrechtler verlangten, die juristische Rechtfertigung des Drohnenkriegs offenzulegen.

Bei Brennans Anhörung kam es gestern zu Tumulten. Die Vorsitzende des Ausschusses, Dianne Feinstein, ließ das Publikum aus dem Saal entfernen, nachdem mehrfach Demonstranten lautstark gegen die Drohneneinsätze im Ausland protestiert hatten. Brennan selbst versicherte, alle Einsätze hätten eine "legale" Grundlage und basierten auf eindeutigen Geheimdienstinformationen. Er werde auch als CIA-Chef sicherstellen, dass jeder Akt der Behörde dem rechtlichen Standard entspreche. Zu der Maßnahme werde nur als letztes Mittel gegriffen, "um Leben zu schützen".

(RP)
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