Kommentar zur Krise in der Ukraine Nur Putin kann Putin jetzt noch stoppen
Moskau · Ob die schrittweise Eskalation im Streit um die Ost-Ukraine einem geheimen Übernahmeplan Moskaus folgt oder die pro-russischen Kräfte im Nachbarland inzwischen außer Kontrolle des Kreml geraten sind, darüber mag man je nach politischem Standpunkt spekulieren. Beunruhigende Tatsache ist: Eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Russland und den regierungstreuen ukrainischen Streitkräften wird immer wahrscheinlicher.
Mehrere Tote bei Einsatz in der Ost-Ukraine
Nur der russische Präsident Wladimir Putin kann diese letzte Zuspitzung noch verhindern. Aber will er das überhaupt? Zweifel sind leider angebracht. Putin weiß genau, dass der Westen bei einem Einmarsch nur zuschauen kann. Und die heruntergekommene, in sich gespaltene ukrainische Armee wäre kein ernsthafter Gegner für das wiedererstarkte russische Militär.
Ähnlich wie auf der Krim oder 2008 in Georgien ist das militärische Risiko daher kalkulierbar. Ob sich Russland international ins Abseits stellt und sich wirtschaftlich wie politisch langfristig schwer schadet, das scheint den Präsidenten nicht zu beunruhigen. Der Kreml, offenbar zurzeit von einem nationalen Machtrausch benebelt, hält sich jedenfalls einmal mehr nicht an Vereinbarungen: Russland hat bei den Gesprächen in Genf wohl nur zum Schein zugestimmt, dass die Separatisten entwaffnet und alle besetzten Gebäude und Plätze in der Ost-Ukraine geräumt werden. Jedenfalls ist keinerlei deeskalierende Einflussnahme Moskaus auf seine Anhänger zu erkennen, im Gegenteil.
Stattdessen spielt Putin rücksichtslos die militärische Karte aus: Neue Manöver an der Grenze zur Ost-Ukraine werden angekündigt; russische Atombomber patrouillieren vor den Niederlanden und Großbritannien, um die Nato einzuschüchtern. Die hilflos wirkenden Versuche Kiews, mit nadelstichartigen Militäraktionen wieder Herr der Lage im Osten des Landes zu werden, verstärken die Unruhe noch und scheinen Putin zuzuspielen.
Was kann die internationale Gemeinschaft noch tun, um das Schlimmste zu verhindern? Mehr als weitere Appelle und die Androhung von Sanktionen sind kaum möglich. Die Zeichen stehen auf Sturm.
