Viel grün statt "rot pur" NRW: Ziel verfehlt - Koalition gerettet

Düsseldorf (rpo). Die Koalition in Nordrhein-Westfalen scheint gerettet, dass Ziel, das Ministerpräsident Peer Steinbrück vor Augen hatte, ist verfehlt. Als der Landeschef seinem Koalitionspartner vor sechs Wochen mit dem Ende des Bündnisses drohte, hatte er bestimmt im stillen Kämmerlein auf eine Eingung nach dem Motto "mehr rot pur" gehofft. Doch das mit der Steinbrückschen Farbenlehre hat dann nicht ganz geklappt.

<P>Düsseldorf (rpo). Die Koalition in Nordrhein-Westfalen scheint gerettet, dass Ziel, das Ministerpräsident Peer Steinbrück vor Augen hatte, ist verfehlt. Als der Landeschef seinem Koalitionspartner vor sechs Wochen mit dem Ende des Bündnisses drohte, hatte er bestimmt im stillen Kämmerlein auf eine Eingung nach dem Motto "mehr rot pur" gehofft. Doch das mit der Steinbrückschen Farbenlehre hat dann nicht ganz geklappt.

Dass aber am Ende des politischen Donnerwetters reichlich viel grün in den Vereinbarungen hervorblitzte, stand der Grünen-Verhandlungsführerin Bärbel Höhn leuchtend ins Gesicht geschrieben. Mit schelmischem Blick und zufriedenem Grinsen präsentierte sie am Dienstag gemeinsam mit dem Regierungschef und den Landesparteispitzen ihr - so Steinbrück - "gemeinsames Drehbuch für störungsfreie Politik".

Darauf hatte nicht zuletzt Bundeskanzler Gerhard Schröder dem Vernehmen nach unmissverständlich gedrungen. Der SPD-Chef mochte sich die positivere Presse der vergangenen Tage wohl nicht länger durch rot-grüne Störfeuer aus Düsseldorf verderben lassen. Doch davon wollte Steinbrück nichts wissen. "Die Vermutung, ich hätte in Berlin Disziplinar-Unterricht erlebt, ist eine falsche Annahme", wies er Berichte zurück, die nach einem Ministerpräsidententreffen mit Schröder in der vergangenen Woche aufgekommen waren.

Auch auf Gewinner-Verlierer-Analysen ließ der 57-Jährige sich nicht ein. "Zwei Maschen grün, zwei Maschen rot" sei nicht das Strickmuster für die 21 Seiten lange Vereinbarung "Düsseldorfer Signal für Erneuerung und Konzentration" gewesen. Ebenso wie Landesparteichef Harald Schartau verteidigte er seinen Konfrontationskurs, für den er in den vergangenen Wochen reichlich Kritik in den Medien aber auch in den eigenen Reihen hatte einstecken müssen. Allein, dass sieben zum Teil bis in die Nacht reichende Verhandlungsrunden des Koalitionsausschusses nötig gewesen seien, um zu einer Einigung zu kommen sei ein "Indiz für den Klärungsbedarf".

"Wir können es uns nicht leisten, den Eindruck zu erwecken, die Opposition sei überflüssig, weil wir sie in die Koalition schon integriert haben", betonte Schartau. Der Ministerpräsident habe bewiesen, dass er "in rauer See das Steuer in der Hand behalten" habe. "Ich gehe davon aus, dass der Landesparteitag Herrn Steinbrück den Rücken stärken wird." Immerhin habe er gezeigt, dass die Regierung "Probleme löst und nicht vor sich herschiebt".

Die Zustimmung der beiden Sonderparteitage an diesem Sonntag gilt in der Tat als Formsache. "Der Parteitag hatte die Erwartung, dass die Klärung auf Grundlage des rot-grünen Koalitionsvertrages kommen muss", referierte Schartau die unmissverständlichen Signale, die nicht zuletzt der Bochumer SPD-Landesparteitag vor zwei Wochen ausgesendet hatte. Ob Steinbrück sich mit seinem Konfrontationskurs aber geschadet oder profiliert hat, werden letztlich erst die Landtagswahlen 2005 erweisen. Er selbst wollte diese Frage nicht beantworten. Das "Drehbuch für störungsfreie Politik" und das vereinbarte "Frühwarnsystem" für ein besseres Krisenmanagement bieten beiden Koalitionären wohl eine letzte Chance, das Umfragetief der Landesregierung zu überwinden. Immerhin sind die Hauptstreitpunkte in den Bereichen Verkehr und Energiepolitik geklärt, an denen beide Seiten sich zum Teil schon seit 1995 immer wieder aufgerieben haben. Dabei konnten die Grünen vor allem mit dem Verzicht auf den Metrorapid, aber auch mit der angestrebten Absenkung der Kohle- Subventionen und dem grundsätzlichen Ja zu einem umweltfreundlichen Gaskraftwerk weit reichend eigene Positionen durchsetzen.

Vorbild für eine bessere Außendarstellung soll nun Schröders Kabinett sein. "Wir können von der rot-grünen Bundesregierung lernen. Beide Seiten sind dazu bereit", versicherte Steinbrück. Und auch Spekulationen über sein angeblich schlechtes Verhältnis zu Höhn versuchte der Sozialdemokrat demonstrativ vom Tisch zu wischen. Ohnehin habe er den Medien selbst "nie Zitate für personale Zuspitzungen" geliefert. Und so präsentierte er zum Schluss "ein Bild, auf das Sie alle lange gewartet haben": ein Händedruck und ein breites Lächeln für seine grüne Umweltministerin. "Das Foto möchte ich für meine Enkelkinder haben."

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