NRW im Ländervergleich nur Nr. 12

Das industrienahe Kölner Institut der deutschen Wirtschaft sieht die wirtschaftliche Dynamik Nordrhein-Westfalens in seinem Bundesländerranking nur im hinteren Mittelfeld. Das Land drohe wirtschaftlich abzurutschen. Die Landesregierung verweist auf die leichte Verbesserung im letzten Jahr.

Berlin/Düsseldorf Nordrhein-Westfalen belegt im aktuellen Bundesländervergleich des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in puncto wirtschaftliche Dynamik nur Platz zwölf. Hinter NRW liegen im sogenannten Dynamik-Vergleich der Bundesländer, die das IW alljährlich im Auftrag der Lobbygruppe "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM) ermitttelt, in diesem Jahr nur Hessen, Bremen, das Saarland und Baden-Württemberg. Letzteres sei 2012 nur deshalb abgerutscht, weil die exportorientierte Industrie Baden-Württembergs besonders unter der Abschwächung der Weltkonjunktur leidet, so die IW-Forscher.

Der Dynamikvergleich soll Aufschluss über die wirtschaftliche Entwicklung in den Bundesländern in den Jahren 2008 bis 2011 geben. Verglichen wird ein Datenmix, etwa der Anteil der Hochschulabsolventen an allen Beschäftigten, die jährlichen Arbeitskosten der Unternehmen, die Produktivität oder die Entwicklung der verfügbaren Einkommen. Besonders hervorgetan haben sich in diesem Vergleich zuletzt vor allem ostdeutsche Länder: Die ersten fünf Plätze im Dynamikvergleich belegen Brandenburg, Sachsen, Berlin, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Niedersachsen liegt unter den westdeutschen Ländern am weitesten vorn, nämlich auf Platz sechs.

"Nordrhein-Westfalen ist auf einem guten Weg, denn in den vergangenen drei Jahren hat sich die Position im Dynamik-Ranking stetig verbessert", erklärte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Düsseldorf. Tatsächlich machte NRW im Vergleich zum vergangenen Jahr zwei Plätze gut — von Rang 14 auf Rang zwölf. Auch im sogenannten Niveau-Ranking, in dem das in der Vergangenheit bereits erreichte absolute Niveau von Wirtschaftskraft und Wohlstand verglichen wird, rangiere NRW weiterhin in der Mitte, auf Platz acht der 16 Länder.

Dennoch: "Dynamisch betrachtet liegt NRW weit hinten. Man muss sich fragen: Wie lange kann sich NRW noch im Niveaumittelfeld halten?", fragte Marc Feist von der INSM gestern bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Noch sei die Wirtschaftsleistung je Einwohner in Nordrhein-Westfalen zwar überdurchschnittlich hoch: Mit 31 893 Euro liege sie noch merklich über dem Bundesdurchschnitt von 31 440 Euro. Doch stagnierte die Wirtschaftsleistung des Landes insgesamt zwischen 2008 und 2011, NRW erreichte hier nur Platz 13.

Auch die Exportquote habe sich unterdurchschnittlich entwickelt, im Sinkflug befinde sich die Produktivität. "In Nordrhein-Westfalen fehlt es an den jungen, dynamischen Branchen", beklagte IW-Studienleiter Michael Bahrke. "Die jahrzehntelange Verschleppung des Strukturwandels weg vom hoch subventionierten Bergbau hat das Aufwachsen neuer zukunftsfähiger Wirtschaftsstrukturen vielfach verhindert", so Bahrke.

Schwächen zeige das Land zudem bei einigen sozialpolitischen Indikatoren. Die Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner sei in NRW zwischen 2008 und 2011 um 4,9 Prozent gestiegen, im Bundesdurchschnitt dagegen nur um 1,6 Prozent. 2011 kamen in NRW 8470 Straftaten auf 100 000 Einwohner, im Bundesdurchschnitt waren es 7328. Hier kam NRW auf Platz 13. In NRW werden zudem nur 15,9 Prozent der unter Dreijährigen in Kitas betreut. Bundesweit liegt die Kita-Betreuungsquote bei 25,2 Prozent — auch hier belegt das größte Bundesland den letzten Platz.

Bleibt in NRW die wirtschaftliche Dynamik aus, ist das ein Problem für das ganze Land: "Wenn das bevölkerungsreichste Bundesland Husten hat, krankt die Republik, denn NRW beeinflusst das bundesweite Gesamtergebnis zu 20 bis 25 Prozent", sagte Bahrke.

(mar)
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