Berlin NRW hätte Amri festnehmen können

Berlin · Die Duisburger Staatsanwaltschaft stellte ein Verfahren gegen Amri ein, weil sie nicht wusste, wo er ist.

Mit einem besseren Datenabgleich zwischen Justiz- und Sicherheitsbehörden hätte das Attentat von Berlin offenbar verhindert werden können. "Wir kannten den Aufenthaltsort von Anis Amri nicht, deshalb mussten wir das Verfahren gegen ihn vorläufig einstellen. Soweit andere Behörden seinen Aufenthaltsort kannten, ist der Staatsanwaltschaft Duisburg dies nicht bekannt geworden", sagte Oberstaatsanwalt Detlef Nowotsch unserer Redaktion.

Demnach habe die Anklagebehörde im April 2016 ein Verfahren gegen Amri wegen Verdachts auf Leistungsmissbrauch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eingeleitet. Im November 2016 wurde das Verfahren vorläufig wieder eingestellt, weil Amri für die Duisburger unauffindbar war. Am 30. Juli wurde er aber in Friedrichshafen festgenommen und in Ravensburg inhaftiert. Am 12. August sprach er bei der Ausländerbehörde Kleve vor. Nowotsch sagte: "Wir hätten das Verfahren sofort wieder aufgenommen, wenn uns der Aufenthaltsort bekannt geworden wäre." Neben einer Untersuchungshaft hätten ihm bei nachgewiesenem Tatvorwurf bis zu fünf Jahre Haft gedroht.

Vier Wochen nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten streiten Union und SPD darüber, wie mögliche Fehler der Sicherheitsbehörden im Fall Amri am besten und am schnellsten aufgeklärt werden können. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) fordern einen Sonderermittler, Volker Kauder (CDU) einen Untersuchungsausschuss des Bundestages. Den schließt die SPD auch nicht kategorisch aus.

Das Parlamentsgremium zur Kontrolle der Geheimdienste kündigte gestern eine Task Force an, die das mögliche Versagen der Behörden im Umgang mit Amri untersuchen sollte. Aus einer Chronologie, die gestern in dem Gremium diskutiert wurde, geht hervor, dass sich die Sicherheitsbehörden noch wesentlich häufiger über Amri ausgetauscht hatten als bisher bekannt. Im NRW-Landtag kündigten CDU und Piraten hingegen an, nicht mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft über ein unabhängiges Gutachten zum Fall Amri zu reden. Die Vorsitzenden der beiden Oppositionsfraktionen lehnten gestern in einem gemeinsamen Schreiben Krafts Einladung zu einem Gespräch über die Abläufe vor dem Berliner Anschlag ab. Die FDP hat dagegen die Einladung der Ministerpräsidentin angenommen.

(csh/hüw/may-/rky/tor)
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