NRW-Grüne streiten um Kohlekraftwerk Datteln

Die Grünen in NRW treffen sich am Sonntag zu einem kleinen Parteitag in Mülheim an der Ruhr. Der Parteivorsitzende Sven Lehmann wird eine Rede zur aktuellen politischen Lage nach der Regierungsbildung halten. Wie kommt die rot-grüne Bilanz bei der Basis an? Im Vorfeld meldeten sich Kritiker zu Wort. Vor allem im Ruhrgebiet wird klarerer Kurs zum Steinkohle-Kraftwerksprojekt Datteln gefordert.

Lars Holtkamp ist der Fraktionsvorsitzende der Grünen in Waltrop. Der Dozent ist darüber verwundert, dass das Wort Datteln in dem Antrag zur Energiepolitik, der in Mülheim debattiert werden soll, überhaupt nicht auftaucht. "Das passt zu dem Kurs der Landesgrünen, das Thema Datteln nicht zu häufig und nicht zu klar anzusprechen", kritisiert der 41-Jährige. "Im Wahlkampf haben die Grünen damit getrommelt, sie würden die Baustelle abreißen. Solche Töne gehören nach der Regierungsbildung in Düsseldorf der Vergangenheit an", sagt Holtkamp. "Das nehmen uns jetzt viele Wähler übel. Die Grünen sind dabei, ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen, weil sie das Thema dem Koalitionsfrieden opfern."

Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD und Grüne auf die Formel geeinigt, dass die Landesregierung Kraftwerke weder baut noch abreißt. Die SPD hält es für unverantwortlich, das Kraftwerk nicht zu Ende zu bauen. In Datteln sollte das leistungsfähigste Steinkohlekraftwerk Europas ans Netz gehen, das mit nur einem Block rund 1100 Megawatt Leistung erzeugt – das ist fast so viel wie ein Atomkraftwerk. Die Grünen werfen den Planern vor, gegen die Klimaschutzziele der Landesplanung und mehrfach gegen Planungsrecht verstoßen zu haben. Ein Gutachten des Regionalverbandes Ruhr (RVR), das in der nächsten Woche vorgestellt wird, kommt jedoch zu dem Ergebnis, das Kraftwerk sei genehmigungsfähig. Pikant: Die Expertise stammt aus der Feder des RVR-Planungsdezernenten Thomas Rommelspacher. Der gehört den Grünen an und machte von 2000 bis 2005 für die Grünen im Landtag Politik.

Die Parteiführung der Grünen verteidigt die Entscheidung, das Thema Datteln nicht im Zusammenhang mit dem Energieantrag zu behandeln. "Ich sehe aktuell keinen politischen Handlungsbedarf", erklärte Parteichef Sven Lehmann.

Für kontroverse Diskussionen wird auch ein Antrag des Kreisverbands Bochum sorgen. Der bezieht zum Thema Jugendmedienschutz Stellung. Die Bochumer fordern die Landtagsfraktion auf, den Staatsvertrag, den NRW in Kürze unterzeichnen soll, zu stoppen. Die Bochumer befürchten, dass eine neue "Zensurinfrastruktur" für das Internet eingeführt werden soll. Die SPD-Landtagsfraktion hat bereits angekündigt, dem Staatsvertrag zuzustimmen.

(Rheinische Post)
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